Etappe 2022 – 6: Gallipoli – San Foca 64 sm – Um die Ferse in die Adria und gleich bei 6 bft gegenan

Um kurz nach fünf schrecke ich auf: Oh Gott, es ist hell! Ich habe verschlafen, wir wollten doch früh los! Kurze Zeit später die Entwarnung, der Wecker klingelt. Noch schlaftrunken torkeln wir durchs Schiff und sind uns sicher: Überführungscrew wäre kein Job für uns. Mit Urlaub hat dieser Törn definitv nichts zu tun. Aber es hilft nichts, wir wollen heute um die Ferse in die Adria. 

Leider kämpfen wir uns auch heute wieder durch die Flaute. Wenigstens passieren wir nach etwa einer Stunde endlich einen „Punta del Pizza“. 🤣. Es geht weiter vorbei an Santa Maria di Leuca und in die Adria. Der „Rückweg“ ist offiziell gestartet. Nun kommt auch Wind auf. Wir versuchen zweimal die Segel etwas zur Hilfe zu nehmen, aber es klappt nicht, der Wind kommt zu sehr von vorn. Kreuzen? Wieder mal wegen der Etappenlänge keine Option

Auf dem Weg zu unserem Tagesziel in San Foca spielen wir mit Annika im Cockpit stundenlang „Ich sehe was, was Du nicht siehst“. Alles ganz lustig und entspannt. Bis wir unseren Kurs nach Nordwest einschlagen: Aus dem Kanal von Otranto blasen uns urplötzlich statt der angesagten drei Beaufort deren sechs entgegen und die Welle ist kurz und unangenehm. Diese Erfahrung hätten wir gegen Ende unseres Trips nun wirklich nicht mehr gebraucht. Wir versuchen dichter unter Land zu fahren. Es hilft nichts. Wir kommen kaum mehr vorran. Stellenweise machen wir unter 3 Knoten. Wir erhöhen die Motordrehzahl und ärgern uns: Am Vorabend hatten wir uns entschlossen nicht zu tanken, damit „der Diesel auch mal verbraucht wird“. Jetzt ist uns schon ein bisschen mulmig mit nur einem viertel Tank bei diesen Bedingungen. Nachdem sich die Gemüter etwas beruhigt haben, tagt der Familienrat: Sch… auf unsere Reservierung in San Foca, wir laufen Otranto an und ersparen uns so zwei zusätzliche Stunden Höllenritt. Doch auch nach Otranto sind es noch 2,5 Stunden. Da müssen wir jetzt durch!

Durch ziemlich viel Müll motoren wir weiter. Immer wieder gilt ein banger Blick des Skippers der Tankanzeige: 1/4 voll, aber wie genau ist das? Hinter uns liegt kein Hafen in vernünftiger Reichweite. Warum haben wir bloss in Gallipoli nicht getankt? Irgendwann verfängt sich eine Art Bambusstab am Heck des Bootes. Haben wir ein Fischerfähnchen überfahren oder ist das einfach nur Treibgut? Jedenfalls kann bei diesen Bedingungen sicher niemand auf der Badeplattform versuchen das Teil zu entfernen.

Als wir kurz vor der Hafeneinfahrt die Fender ausbringen löst sich das Problem zum Glück von selbst…

Als wir ums Kap sind beruhigen sich die Bedingungen etwas. Da Tatjana in Otranto niemanden erreicht, beschließen wir doch weiter nach San Foca zu fahren. Die 2 Stunden schaffen wir noch. Ausserdem hätten wir jetzt mit Otranto einen Hafen als Backup im Rücken und unsere letzte Etappe morgen würde 10 Meilen kürzer ausfallen.

Der Hafen von San Foca ist flach, aber durch einen Wellenbrecher erstaunlich gut gegen nördliche Winde geschützt. Nach dem problemlosen Anleger würden wir hier in Abrahams Schoß nie vermuten was „da draußen“ los ist.

Nachdem wir sichergestellt haben, dass wir vor unserer Abfahrt morgen 20l Diesel im Kanister bekommen, gibt es einmal mehr Pasta an Bord. Zum Abschluss des Urlaubs wird in Brindisi bereits von Restaurantbesuchen und Erdbeereis (Annika) geträumt…

Kurz nach dem Abendessen zieht tatsächlich dichter Nebel auf und wir sind froh: Es hätte auch noch schlimmer kommen können 😉

Etappe 2022 – 7: San Foca – Brindisi 32.4 sm – dichter Nebel zum Ende des Pfingsttörns

Der Luxus des Tages besteht im Aufwachen ohne Wecker. So viel Luxus muss am letzten Törntag sein. Zumal die Strecke heute mit um die 30 Meilen für unsere aktuellen Verhältnisse recht kurz ist. Als wir dennoch viel zu früh aufwachen, ist es immer noch neblig. Wir tingeln mit dem Kanister zur Bootstankstelle, die in einem für uns zu flachen Bereich des Hafens liegt und bunkern 20 Liter Diesel. Wir wollen heute auf Nummer sicher gehen, denn auch heute ist Wind von vorn angesagt. Beim Schnack an der Tanke meint ein anderer Kunde, der Nebel sollte sich in 1-2 Stunden verziehen. Nun gut, dann warten wir ab.

Wir warten und warten, nichts! Die Sonne kommt, dennoch kann man von unserem Liegeplatz aus kaum die Hafeneinfahrt ausmachen. Gegen elf Uhr fassen wir uns ein Herz und legen trotz Nebel ab.

Wie schon bei unserer Nachtfahrt nach Roccella Ionica bin ich froh, dass ich unser defektes Radardisplay durch ein bei eBay ergattertes Ersatzteil ersetzt hatte. Wir sehen Fischerboote und Tonnen bei Sichtweiten von teilweise nur rund 30m ausschließlich auf dem Radarbildschirm. Irgendwie gruselig.

Irgendwann verschwindet der Nebel doch und der uns entgegen kommende Wind frischt auf. Wieder nichts mit Segeln. Immerhin sind die Bedingungen deutlich moderater als gestern.

Wir gondeln die Küste hoch und schlängeln uns am Verkehrstrennungsgebiet vor Brindisi vorbei. Dabei beobachten wir ein anderes Boot auf dem AIS, welches die dort geltenden Regeln etwas flexibler interpretiert 😅

Nachdem wir bei frischem Wind angelegt haben, liegen wir geschützt aber durch die unmittelbare Nähe zum Flughafen recht laut in der Marina di Brindisi. Wir haben bis zu unserer Anreise nun 2 Tage Zeit das Boot klar zu machen, das bis zu unserem Sommerurlaub Mitte Juli hier auf uns warten soll.

An Tag 1 motten wir Bimini, Sprayhood und Solarzellen ein und waschen unsere Wäsche. An Tag 2 geht es früh morgens in den Mast um unsere elektronische Windfahne zu demontieren. Sie hatte den ganzen Urlaub über nicht funktioniert. Saharastaub der im Winterlager in Marina di Ragusa regelmässig herüber wehte, hatte sich im Drehmechanismus abgelagert und diesen blockiert. Die Windstärke wurde uns zwar noch angezeigt, die Windrichtung jedoch nicht. Nach einer gründlichen Reinigung und Behandlung mit Silikonöl dreht sich der Richtungsanzeiger wieder und sollte (nach einer Kalibrierung auf See) die Richtung nun wieder anzeigen. Getestet wird das dann aber erst im Sommerurlaub im Juli.

Ausserdem machen wir an Hafentag 2 einen Ausflug in die Stadt. Praktischerweise hält der entsprechende Linienbus direkt vor der Marina.

Endlich Sommerferien! Weiter geht‘s: Von Brindisi aus in der Adria in Richtung Norden

Nachdem in den vergangenen sechs Wochen die Sanierung unseres Eigenheims so richtig Fahrt aufgenommen hat (mit der Heizungs- und Sanitärrohinstallation ist das erste Gewerk nun fertig) geht es für uns zur Erholung von der Baustelle wieder in Richtung Süden. Trotz häufig in den Medien breitgetretenem „Flugchaos“ läuft unsere Anreise nach Brindisi problemlos. Als wir an Bord ankommen, bin ich sehr froh, dass unser Vorsegel unsere Abwesenheit gut überstanden hat. Wir hatten die Segel dieses Mal nicht entfernt und ich hatte die zum Vorsegel gehörende Schot einfach einige Male um das Vorsegel geschlagen, um ein Abrollen durch Wind und Wetter zu verhindern. Das Bilgen sind trocken und ich widme mich in der Mittagssonne umgehend der Installation des schattenspendenden Biminis und der Solarzellen. Anschliessend holen wir unser per Post angekommenes Ersatzteilpaket ab. Trotz fehlendem Trackingcode ist unser Dieselzusatz sicher angekommen (das hatten wir auch schon anders 🤪). Zur Belohnung gibt es ein Eis bevor wir Abends den Tag bei Pizza ausklingen lassen.

Am nächsten Morgen pumpem wir das Dinghy auf, checken den Motor und schlagen die Sprayhood an. Um die Mittagszeit pilgern wir knapp drei Kilometer in einen etwas größeren Supermarkt zum Verproviantieren für die nächsten Tage. Während ich mich anschliessend einer kleinen Verbesserung an unserer Gangwayplattform widme, verbringen Annika und Tatjana den Nachmittag am Strand bevor wir abends an Bord kochen.

Am Sonntag Morgen lege ich einhand ab und laufe die Tankstelle der Marina an. Tatjana und Annika sind zu Fuss aufgebrochen um mir dort die Leinen abzunehmen. Endlich tanken wir wieder einmal voll! Eine Situation wie vor wenigen Wochen, als wir im Otranto Kanal gegen 25 Knoten anmotort sind und die Dieselvoräte langsam zu Neige gingen, soll sich möglichst nicht wiederholen. Während sich Tatjana mittags zum Obststand aufmacht, puzzle ich mit Annika an Bord.

Nachmittags machen wir einen Familienausflug zu Strand bevor wir zum Abendessen den Heckkorbgrill wieder in Betrieb nehmen.

Etappe 2022 – 8: Brindisi – Monopoli 41.2 sm – „Kreuze hoch bis zur Schlossallee“

Eine windige erste Etappe: Eigentlich ist der Wind perfekt, nur leider weht er mal wieder aus der falschen Richtung (Nord-West). Dazu nach der Hafenmole sofort 2m Welle gegen an. Warum tun wir uns das nur an? Wer hatte bloß die Schnapsidee die Adria in Richtung Norden (entgegen der vorherrschenden Winde) hochzufahren? Zu allem Überfluss schleppen wir auch noch unser Dinghy hinterher und müssen einsehen: So wird das nichts! In einem Kraftakt ziehen wir das Dinghy heran und vertäuen es quer am Heck. So sind wir wenigstens etwas schneller.

Ich erhöhe die Motordrehzahl, doch ausser einem beunruhigenden Gummigeruch sorgt dies nicht für eine Verbesserung. Wir nehmen die Genua zur Hilfe und segeln hart am Wind. Immerhin nimmt dieser entsprechend der Vorhersage im Laufe des Tages ab und das Kabbeln von Meer und Crew wird weniger 😜.

In der Nähe unseres Etappenziels beobachten wir einen riesigen Fischschwarm dicht unter der Wasseroberfläche (der vermutlich grade gejagt wird). Am späten Nachmittag legen wir in unserem Etappenziel Monopoli an. Natürlich will ich mich hier auf die Suche nach der Schlossallee machen. Aber auch abgesehen von der lustigen Ähnlichkeit des Dorfnamens mit dem Namen des beliebten Gesellschaftspiels freue ich mich darauf, dieses sehenswerte Fischerdorf zu erkunden. Auch für social media affine Segler befinden wir uns an einem ganz besonderen Ort: Hier ging die Reise von Riley nach dem Kauf der ersten „La Vagabonde“ los…

Bei einem Abendspaziergang flanieren wir durch den doch sehr touristischen Ort und bestaunen das örtliche „Castello Carlo V“, das einem „Schloss“ am nächsten kommt 😉.

Wir gönnen uns eine zweite Nach in Monopoli und machen am Folgetag einen Ausflug ins etwa 20 km im Hinterland gelegene Alberobello. Vorallem Tatjana möchte unbedingt die Trulli, kleine, runde Spitzhäuschen sehen, die seit 1996 zum Unesco Weltkulturerbe gehören. Doch unser Besuch gestaltet sich Anfangs gar nicht so einfach: Mietwagen? Heute??? Nein frühestens Freitag, wir müssen den ja vorbereiten. Taxi? Klar, 80,- €, aber nicht sofort, man schlägt uns eine Abfahrt um 15 Uhr vor 😳. So kommt es, dass wir zu Bushaltestelle pilgern. Wir sind sehr begeistert, als wir diese tatsächlich finden und gegen 10:30 auch der richtige Bus hält, scheitern aber dann doch auf der Zielgeraden: Man kann die Tickets nur online kaufen. Der ungeduldige Busfahrer erklärt den vielen wartenden Touristen den Sachverhalt und düst los. Nächste Chance 13:15 Uhr! Wir besuchen ein nahes Kaffee und kämpfen uns durch die Internetseite von Trenitalia. Tatsächlich schaffen wir es ein Ticket zu buchen und erwischen den nachfolgenden Bus (der allerdings auf der anderen Straßenseite abfährt). Busfahren in Italien, vielleicht das letzte große Abenteuer unserer Zeit 😂.

Alberobello selbst ist mit rund 10.000 Einwohnern beschaulich, aber erneut ziemlich touristisch. Wir sehen uns die Trulli bei einem Spaziergang durch den Ort an und nehmen den Bus zurück (erneut auf der „anderen“ Straßenseite im Vergleich zur Angabe des Busfahrers der Hinfahrt 🤷‍♂️.

Abends lassen wir uns durch die Altstadt treiben. Die Eltern teilen sich leckere Pizza und Pastagerichte. Annika bleibt bei Pommes mit Ketchup.

Etappe 2022-9: Monopoli – Bari 27.8 sm

Auf unserer Etappe von Monopoli nach Bari haben sich Wind und Welle aus Nord-West bereits etwas abgeschwächt. Anfangs motoren wir an zahlreichen Fischfarmen genau in den Wind und kümmern uns nebenbei um die Kalibrierung unseres elektronischen Windanzeigers. Etwa ab halber Strecke nehmen wir die Genua zur Hilfe und werden rund einen Knoten schneller. Reisegeschwindigkeit 5-6 Knoten. Endlich! Es erstaunt mich immer wieder, wie sehr einen Wind und Welle gegenan einbremsen.

Anschliessend beobachten wir unzählige jagende Fischschwärme die immer durch die zahlreichen darüber kreisenden Möwen gut zu erkennen sind.

Unser Einlaufen in den Hafen verläuft problemlos. Vom befürchteten Fährverkehr ist in der Hafeneinfahrt keine Spur. Zum Glück, denn unser Autopilot will das Steuer kaum freigeben. Auch das sonst erfolgreiche harte Ruder legen sorgt zwar für fürchterliches Knacken, das Ruder kommt dabei aber trotzdem nicht frei. Einige Vollkreise im Vorhafen sind nötig, um endlich wieder vernünftig manuell steuern zu können. Gut, dass der neue Autopilot als Ersatzteil bereits mit an Bord ist. Jetzt muss ich mich eigentlich „nur“ noch um den Einbau des neuen Linearantriebs kümmern.

Nach zwei erfolglosen Funksprüchen (einmal Englisch, einmal Italienisch) erreichen wir die Marina telefonisch und liegen kurze Zeit sicher vertäut am Steg einer örtlichen Segelschule.

Noch selben Abend nutzen wir den kostenlosen Shuttle Bus der eigentlich die Fährpassagiere vom nahegelegenen Ticketschalter zu dem Fähranlegern am anderen Ende des weitläufigen Hafens bringt für einen Abendspaziergang durch das historische Zentrum von Bari. An einem belebteren Platz finden wir hauchdünne Pizza zum Abendessen und kaufen auf dem Nachhauseweg in der Strada delle Orecchiette die berühmten Nudeln (das Foto kostete wohl extra 😅).

Am nächsten Tag erkunden wir die Fussgängerzonen und wundern uns über skurrile Firmen und Restaurantnamen bevor wir nach einem Abstecher zum Shipchandler (Einbau Autopilot) unsere Lebensmittelvorräte etwas aufstocken.

Als der Shuttlebus auf dem Rückweg zum Boot ewig auf sich warten lässt (wir vermuteten zwischenzeitlich der Fahrer würde Siesta machen) rufen wir in der Marina an um sicher zu gehen, dass der Bus noch kommt. Kurzerhand bietet Andrea, der sehr nette Büromitarbeiter an, uns mit seinem Auto abzuholen. Als fünf Minuten später der Bus doch noch in der Ferne auftaucht haben wir ein ziemlich schlechtes Gewissen. Wir rufen Andrea erneut an, doch er kann uns bereits sehen und winkt uns aus dem Auto zu. Er muss tatsächlich sofort nach unserem Anruf zum Parkplatz gesprintet sein um uns am anderen Ende des Fährhafens abzuholen 🙏. Grazie mille!

Zum Abendessen gibt es die berühmten Nudeln, bevor wir den Abend on Bord ausklingen lassen.

Etappe 2022-10: Bari – Bisceglie 22.7 sm – Luigi reicht dem Hans die Leine

Nachdem Tatjana in Bari abgelegt hat, motoren wir für einen besseren Windwinkel zunächst etwa eine halbe Stunde von der Küste und können unserer Eisenfock kurz darauf tatsächlich eine Pause gönnen und in den leichten Winde (am Wind) segeln. Auch heute weichen wir auf unserem Weg zahlreichen Fischfarmen aus. Wie bereits auf den vergangenen Etappen beobachtet, scheint dieser Teil der Adria sehr fischreich zu sein (nicht nur durch die Aufzuchtanlagen).

Unterwegs interessiert sich wieder einmal die Guardia Finanza für uns uns fragt von Boot zu Boot schreiend Start und Zielhafen ab.

Kurz vor der Hafeneinfahrt von Bisceglie legen wir einen Badestopp ein. Trotz stets prompter Rückantworten bei Navily (in perfektem Englisch) antwortet am Funkgerät als wir uns anmelden natürlich wieder einmal niemand. Am Telefon wird auch nur halbherzig genuschelt. Wir fahren in Richtung Steg und sehen schließlich den mit einem roten Shirt bekleideten Marinero. Bei fast vollständiger Flaute legen wir problemlos an.

Als der Marinamitarbeiter mir die zweiter Heckleine zurück geben will, ich aber noch mit der Mooring beschäftigt bin ruft er nach „Hans“ (mir) der ihm doch bitte die Leine endlich abnehmen möchte.

Irgendwie ziemlich respektlos! Gar kein guter Start, vorallem beim stolzen Preis von 83,- € den wir hier für unsere Übernachtung hinlegen. Naja, immerhin nicht Adolf.

Ich siniere, ob Bisceglie vielleicht so etwas, wie die imaginäre Grenze nach Norden markiert und die Leute ab hier wieder unfreundlicher werden?

Wie dem auch sei, wir besichtigen das um die Mittagszeit doch sehr verschlafene Örtchen und genehmigen uns am frühen Abend in einer Cafe/Bar einer (sehr hochpreisigen) Aperitif. Immerhin sind wir anschließend so satt, dass wir das Abendessen an der nun immer belebteren Promenade ausfallen lassen. Als wir zum Boot zurück kommen piepst unser Motoralarm. Wohlgemerkt: Der Motor ist natürlich aus. Das Spülwasser für den angeschlagenen Autopilot sorgt nun wohl an anderer Stelle für seltsame Elektronik Probleme. Man kann sich darauf verlassen: Irgendwas ist immer

Die Crew vor Zanzibar am Liegeplatz in Bisceglie

Etappe 2022-11: Bisceglie – Vieste 44.2 sm, Wind aus allen Richtungen, Delfine und die erste Grundberührung 😳

Wir legen am Samstag Morgen bereits um 6 Uhr ab. Heute steht uns eine etwa längere Etappe bevor. Wir wollen über den Golf von Manfredonia nach Vieste am Sporn des Stiefels. Zunächst herrscht Flaute. Wir motoren. Nach etwa 3 Stunden können wir die Segel zur Hilfe nehmen und motorsegeln. Kurze Zeit später schalten wir den Motor aus. Der Wind ist zwar etwas schwach auf der Brust und wechselt wild die Richtung, aber diese himmlische Ruhe an Bord überzeugt uns. Kurz vor unserem obligatorischen Badestopp kurz vor Etappenende besuchen uns drei Delfine. Zum ersten Mal in diesem Urlaub können wir die eleganten Tiere nicht nur aus der Ferne, sondern Haut nah bestaunen. Auch Annika ist begeistert. Nach dem Anleger in der Marina di Vieste machen wir einen Familienausflug zum nahen Discounter um unsere Trinkwasservorräte aufzustocken. Der Rückweg mit Einkaufs- und Kinderwagen durch den Kreisverkehr der Küstenstraße ist dann spannender als mir lieb ist, aber wir kommen sicher an Bord an und lassen den Tag mit Salsiccia vom Grill ausklingen.

Am Sonntag Vormittag herrscht zunächst Flaute. Perfekt um der Bootstankstelle einen Besuch abzustatten. Wir bitten einen Marinamitarbeiter bei der Tankstelle Bescheid zu sagen und legen ab. Gegenüber unseres Liegeplatzes liegen Bojen (für Moorings der an den dortigen (jetzt leeren) Liegeplätzen vertäuten Boote). Bei einer gemessenen Tiefe von 0.4m unter unserem Kiel (1.85m) gibt es plötzlich einen Bumms. Wir haben unter Wasser ein Hindernis getroffen 🤯. Entweder den Grund des Hafenbeckens oder eine von oben nicht zu sehende gespannte Leine. Zum Glück waren wir sehr langsam unterwegs. Ich denke, es ist nichts passiert. Der Boden im Hafenbecken besteht aus Sand. Trotzdem ein extrem ungutes Gefühl…

Nach dem Auftanken legen wir ohne weitere Probleme wieder an und machen uns auf den Ort zu erkunden.

Nach dem Mittagessen will ich einige Bootsarbeiten erledigen, während Annika und Tatjana zum Baden an den Strand aufbrechen.

Leider schaffe ich es nicht unseren Außenbordmotor, der die letzten knapp 2 Jahre in der Backskiste verbrachte zum Leben zu erwecken, neues Benzin, neues Öl, neue Zündkerze: Er springt nicht an! Um mich mit dem Vergaser intensiver auseinanderzusetzen fehlt mir im nur dreiwöchigen Sommerurlaub sowohl die Muse als auch das Know How. Das wandert also auf die „Winter-Liste“. Vorerst wird gepaddelt. Immerhin spanne ich endlich den für meinen Geschmack zu lockeren Keilriemen unseres (Haupt-) Dieselmotors und streiche einige andere Kleinigkeiten von der To-Do Liste.

Etappe 2022 – 12: Vieste – Tremiti Inseln 38.1 sm – Die erste Nacht als Familie vor Anker ⚓️

Beim Ablegen in Vieste laufen wir immerhin nicht erneut auf Grund: Wir verlassen den Hafen und navigieren durch unzählige Fischerfähnchen. Wie so oft haben wir den Wind dabei direkt auf der Nase und kommen unter Motor deshalb nur sehr langsam voran. Irgendwann habe ich genug: Wir Kreuzen gegen an! Sofort ist Leben im Boot, doch nach 2 h sehe ich es ein: Unser Weg verdoppelt sich durch unser Kreuzen. Leider machen wir aber nicht die doppelte Geschwindigkeit. Wir rollen das Vorsegel weg und gehen wieder direktauf Kurs.

Um die Mittagszeit werde ich unruhig: Ob es am Ziel wohl mit dem Ankern klappt? Einen echten Hafen zum Ausweichen gibt es auf den Tremiti Inseln nicht. Eine teure Boje haben wir nicht gebucht. Wie voll es wohl ist? Im Hinterkopf habe ich immer noch die Bilder aus Vulkano, wo derart viele Boote in einer Bucht ankerten, dass sich die Skipper fast die Hand reichen konnten.

Immerhin im Gegensatz zu damals ist weder Ferragosto noch Wochenende. Ich hoffe das Beste.

Kurz vor unserer Ankunft warnt Split Radio vor Feuerlöschflugzeugen in der Region Zadar.

Als wir auf den Tremiti Inseln ankommen ankern nur 2 andere Boote in der Bucht, die wir uns ausgekuckt haben. Wir sind aufgeregt, ob unser Anker hier wirklich hält und haben bereits im Vorfeld besprochen eine Ankerwache zu halten. Einer von uns wird unsere Position permanent im Auge behalten während der andere schlafen oder sich erholen kann. Nach und nach werde es jedoch mehr Boote. Viele versuchen für meinen Geschmack zu nah hinter unserem Heck zu ankern, doch die meisten sind mit dem Halt Ihres Ankers nicht zufrieden. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit sind wir in unserer Bucht zu sechst. Immerhin drei haben ein Ankerlicht 😳.

Als Annika im Bett ist, lege auch ich mich etwas hin. Alle zwei Stunden soll der Wachwechsel erfolgen. Um Mitternacht beginnt meine erste Schicht: Position checken, andere Boote im Auge behalten, Sterne kucken und Blog schreiben. Anschliessend wieder von vorn. Die erste Schicht ist easy. Bei der Zweiten zwischen vier und sechs Uhr morgens steckt mir die Müdigkeit ganz schön in den Knochen. Immerhin werde ich mit einem Sonnenaufgang belohnt.

Etappe 2022 – 13: Tremiti Inseln – Marina di Montenero/Porto Sveva 33.5 sm

Ziemlich übermüdet von der Ankerwache holen wir auf den Tremiti Inseln um 7 Uhr morgens den Anker auf.

Auch heute haben wir auf unserem Rückweg zum italienischen Festland über 30 Seemeilen vor uns. Es soll zum Porto Sveva in der (mir zuvor unbekannten) Region Molise gehen.

Zu Beginn motoren wir: Es ist wie immer: Der Wind kommt in der Adria bisher zuverlässig von vorn. Fahren wir nach Norden bläst es aus Nord, fahren wir nach Westen (wie heute) bläst es aus West. Irgendwann können wir zum mitlaufenden Motor wenigstens die Genua setzen und etwas motorsegeln.

Die Etappe verläuft sonst recht ereignislos. Keine Delfine, keine größeren Probleme mit Zanzibar. Wir schmieden bereits Pläne für den liebgewonnenen Badestop kurz vor dem Zielhafen. Doch als wir den Hafen fast erreicht haben, ist es auf einmal ziemlich ungemütlich. Der jetzt auflandige Wind hat aufgefrischt und wir können uns plötzlich so gar nicht mehr vorstellen über unsere Badeplattform freiwillig ins aufgewühlte Wasser zu steigen.

Während ich das Boot durch die unangenehmen brechenden Wellen steuere, übernimmt Tatjana auf italienisch den Funkkontakt mit dem Hafen. Nachdem unser Tiefgang abgefragt wurde, werden wir zu Steg E dirigiert. Im jetzt ziemlich böigen Wind versemmle ich prompt das Anlegemanöver und es wird kurz hektisch an Bord. Aber (wie ich von Richard gelernt habe): Ein Anlegemanöver ist dann gelungen, wenn:

  1. das Boot am Liegeplatz festgemacht ist
  2. sich keiner weh getan oder verletzt hat
  3. nichts kaputt gegangen ist
  4. kein böses Wort gefallen ist

Alles gut, eigentlich ein gelungener Anleger 😅🤷‍♂️.

Nach dem Anlegemanöver kommentiert der Marinero wohlwollend Tatjanas Italienisch Kenntnisse umd gesteht, dass er uns sonst (Mittagspause des Marina Büros) wohl ignoriert hätte 😳.

Ob wir eine oder zwei Nächte im Porto Sveva verbringen werden, wissen wir noch nicht. Morgen könnte es Gewitter geben, die wir auf den dann nach Pescara knapp 40 anstehenden Seemeilen natürlich gerne vermeiden würden. Also erstmal eine Runde zum Strand. Nach der Nacht vor Anker ohne Möglichkeit an Land zu gehen drängt Annika nach draussen.

Nach einer ausgiebigen Dusche schlendern wir durch den aus Ferienhäusern und Campingplätzen bestehenden Ort zu einer nahegelegenen Pizzeria zum Abendessen.

Auf dem Rückweg zum Boot werden wir nass, das erste Gewitter. In den Gewitterböen legt an unserem Steg gegenüber ein Boot an. Nach zwei Fehlversuchen rückwärts anzulegen kommt das 40 Fuss Schiff längsseits am Steg zu liegen. Dafür hängen die Fender jedoch zu hoch. Ich helfe mit weiteren „Stegbewohnern“ durch Abhalten mit, Macken im Gelcoat zu vermeiden. Zum Glück ist der Hafen nicht voll und es ist ausreichend Platz. Als wir später gerade ins Bett wollen braucht der Skipper gegenüber erneut meine Hilfe: Er muss nach Hause und möchte vorher das Boot drehen. Also T-Shirt und Schuhe wieder an. Nach einigem Rumprobieren mit der landseitigen Achterleine erkläre ich ihm mit Händen und Füßen das Manövers des Ablegens mit der Luv-wärtigen Achterleine. Zuerst skeptisch ist er am Gas etwas zaghaft, versucht es aber dennoch und freut sich, als sich das Boot in den Wind dreht. Kurze Zeit später liegt das Boot mit dem Heck zum Steg und er bedankt sich mit einer Flasche Spumante bei mir. Es scheint, dass sich meine Hafenmanöver Trainings langsam auszahlen 😉 Der fremde Skipper erklärt, er müsse leider dringend weg, seine Frau erwarte ein Kind. Kein Wunder also, dass er so aufgeregt war.

Etappe 2022 – 14: Porto Sveva – Pescara 37.2 sm

Um 6 Uhr morgens wache ich auf und beginne sofort damit alles fürs Ablegen vorzubereiten. Der Himmel sieht freundlich aus und wie wollen versuchen, vor den heute Nachmittag potentiell anstehehden Gewittern nach Pescara zu kommen. Am Steg kommt der Wind aus Süd, das wäre ja prima.

Natürlich sieht es aber draussen ganz anders aus. Wir setzen motiviert um kurz nach 7 die Genua und wie aufs Kommando schläft der Wind ein. 2.7 Knoten von vorn! Wir motoren also den von Industrieanlagen, Fischfarmen und Sonnenschirmen geprägten Küstenabschnitt entlang in Richtung Pescara.

Unterwegs fällt mir ein Glimmen der Motorkontrollleuchte “Spannung” auf. Handelt es sich um ein durch Feuchtigkeit verursachtes Elektronikproblem oder um eine „echte“ Warnung? Wir nehmen uns vor in Pescara mit Voltmeter bewaffnet der Sache auf die Suche zu gehen.

Nach etwa 2 Stunden können wir bei 10 Knoten aus WNW wieder etwas motorsegeln, doch unser Glück währt auch dieses Mal nicht lange und bald ist der Wind wieder einbeschlafen. Ich poliere den Heckkorb und einige andere Edelstahlteile, die während unseres sechswöchigen Stops in Brindisi erstaunlich viel Flugrost angesetzt hatten. Glücklicherweise hat unser Autopilot heute einen guten Tag uns hält brav unseren Kurs. Kurz vor dem Sperrgebeiet vor Dogana taucht hinter uns ein Boot auf. Ich vermute erst, dass es sich um die Küstenwache handeln könnte, die beobachtet, ob wir nicht vielleicht doch ins Sperrgebiet einfahren. Doch irgendwann dreht unser Verfolger ab. Als wir das Sperrgebiet passiert haben und Kurs auf unser heutiges Etappenziel nehmen, können wir das Vorsegel wieder ausrollen.

Trotzdem, eine Fortbewegung nur per Wind ist aufgrund der Etappenlänge und der drohenden Gewitter die zumindest Teile der Crew beunruhigen keine echte Option. Ich spiele etwas mit den Trimmfäden am Vorsegel und versuche das letzte Zehntel rauszukitzeln.

Als wir in Richtung Pescara eindrehen türmen sich tatsächlich wieder Wolken am zuvor strahlend blauen Himmel. Wir steuern durch die unangenehm flache (und durch zusätzliche Fahrwassertonnen enge) Hafeneinfahrt. Auch hier haben wir den kräftigsten Wind natürlich wieder beim Anlegen. Wir sind grade vertäut und stossen mit dem gestern verdienten Spumante darauf an, es vor dem Gewitter geschafft zu haben, als es los geht.

Ein Gewitter inklusive Hagelschauer fegt über den Hafen. Was für eine Punktlandung!

Leicht angesäuselt laufen wir über die spektakuläre Fußgängerbrücke und die kilometerlange Strandpromenade in die Fußgängerzone um uns einen ersten Eindruck von Pescara zu verschaffen.

Auf dem Rückweg zum Boot beobachten wir von der Ponte Flaiano den Sonnenuntergang bevor wir in einem Restaurant am Hafen zu Abend essen.

Am nächsten Tag erledigen wir die Hafenformalitäten, pilgern mit unseren Dieselkanistern zur nahen Tankstelle und besichtigen den „anderen“ Teil der Stadt, welche im Wesentlichen aus einem studentisch geprägten Barviertel besteht. Die Zeiten sind vorbei 😅.

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