Einhandtraining! Ein bezahlter Beobachter und Tippgeber an Board…
Nachdem eine fiese Magen/Darminfektion die Familie kurzzeitig ausser Gefecht gesetzt hatte und es fraglich war, ob Tatjana Annika tatsächlich eine Woche lang alleine betreuen können würde, bin ich froh, dass ich nun mit 1.5 Tagen Verspätung doch noch auf Sizilien angekommen bin und wie geplant zum Coaching zum Thema Einhandsegeln antreten kann.
Nachdem ich erst Abends in Catania gelandet und mich anschliessend mit dem Mietwagen auf den Weg zum Boot gemacht habe, falle ich ins Bett.
Gleich am nächsten Morgen hole ich das Paket mit dem bereits wartenden neuen Autopiloten im Marinabüro ab und weihe die Mitarbeiterin in unsere Pläne ein: Wir werden also mehrfach an- und ablegen und brauchen wirklich keine Hilfe (so hoffe ich 😉).
Anschliessend treffe ich mich auf einen Kaffee mit Richard von Well Sailing, um den weiteren Ablauf durchzugehen. Gegen 11 Uhr geht es los und wir legen bei Kaiserwetter (und fast völliger Flaute) ab: Macht nichts! Ich erläutere jeweils kurz, was ich als nächstes zu tun gedenke und Richard gibt Tipps wo er es für angebracht, sicherer oder einfach praktischer hält zunächst etwas noch einmal zu überdenken.
Nach dem Ablegen wechseln wir am Steuer kurz ab, damit auch er für den Notfall mit dem Manövrierverhalten von Zanzibar vertraut ist. Anschliessend bin ich wieder dran und der Coach verschränkt die Arme oder vergräbt die Hände in den Hosentaschen. Das ist durchaus so gewollt, schliesslich will ich „Einhand-“ Segeln bzw. an- und ablegen lernen.
Ich bin überrascht, als Richard erklärt, wir sollten vor dem wieder „einparken“ doch erst einige Male üben das Anlegemanöver vor dem Festmachen irgendwo in der Boxengasse abzubrechen. Im Nachhinein gesehen, habe ich dabei aber sehr viel gelernt. Die wichtigste Message: Mehrere Versuche sind ok. Wenn irgendwas, und sei es das Bauchgefühl des Rudergängers nicht stimmt, fahren wir wieder raus, drehen eine Runde und setzen komplett neu an. Der anschliessende Anleger klappt problemlos (nur mit dem Werfen der Heckleinen um die Klampen am Steg habe ich so meine Schwierigkeiten, meist steige ich kurz über). Anlegen bei wenig Wind kann ich also, erst Recht, wenn der Liegeplatz zwischen zwei anderen Booten liegt. Das wusste ich zwar bereits vorher, es tut trotzdem gut, zu hören, was man vielleicht noch besser oder anders machen kann und was man eigentlich schon ziemlich gut kann.
Nach einer kurzen Mittagspause legen wir erneut ab und gehen am Tankpier längsseits. Zum Einen möchte ich gerne tanken, zum Anderen habe ich Richard gebeten, mir beim Eindampfen in die Achterspring doch mal auf die Finger zu schauen. Ich hatte immer das Gefühl, beim Eindampfen in Springs etwas zu zaghaft am Gashebel zu sein. Das klappt nun prima, genau wie das für mehr Wind geeignete Eindampfen in die seewärtige (Luv-) Achterleine. Bei einem der letzten Anleger am Tankpier merken wir beide, dass unsere Konzentration nachlässt: Schön war das nicht mehr, aber es ist nichts kaputt, nur die Fender mussten etwas mehr arbeiten als geplant 😅.
Nach dem Ende der Trainingseinheit verabreden wir uns zu einer weiteren Übungseinheit am nächsten Tag (bei bis zu 30 Knoten vorhergesagtem Wind) und ich breche auf, um beim örtlichen Segelmacher unsere Sprayhood. und die beiden Segel abzuholen.
Während die Segel nur gewaschen, durchgesehen und einige kleinere Reparaturen daran vorgenommen wurden, erhielt Zanzibars Sprayhood neue Folienfenster und neu, auch enstprechende Abdeckungen. Diese sollen die Fenster vor UV-Strahlung, aber auch Annika im Seaswing im Cockpit vor der italienischen Sonne schützen. Hier hatten wir uns bisher immer wenig effektiv mit gespannten Handtüchern beholfen. Jetzt sieht das ganze doch schon viel professionaller aus. Ich bin zufrieden!
Tag 2 startet wie bei Windy vorhergesagt mit bis zu 30 Knoten Wind aus Südost und grauem Himmel. Ein im Vergleich zu gestern völlig anderes Gefühl. Ich bin nervös, aber eigentlich ist es perfekt, ein Hafentraining bei Flaute macht wie ich finde wenig Sinn. Nach ewiger Vorbereitung und Planung (laut Richard besteht Einhandsegeln bzw. die entsprechenden Hafenmanöver zu 80% aus Planung) dampfen wir in die ausgebrachte 30 m lange Luv-Achterleine ein und hangeln uns in unserer Box nach vorn. Immer wieder stoppen wir kurz, nehmen die Leine dicht und beobachten, wie das Boot sich verhält und wie wir dieses Verhalten beeinflussen können. Dann sind wir frei und verhindern mit einer vorher eigens ausgebrachten Hilfsleine, dass die elend lange Heckleine beim anfänglichen Hinterherziehen in die Schraube gerät. Nach dem Einholen der Leine, testen wir im Vorhafen erneut das Manövrierverhalten des Bootes, bevor wir einmal in die Boxengasse antäuschen und anschliessend bei abnehmendem Wind (noch ca. 17 Knoten) wieder anlegen. Zack, schon sind die für heute geplanten 2h um… Ich bin aber auch echt geschafft. Das ist (vor allem mental) anstrengender als gedacht. Wir vereinbaren eine weitere Einheit. Je nach Wind wollen wir kurzfristig entscheiden ob diese morgen (bei 2-7 bft) oder übermorgen (bei 4-6) stattfinden soll.
Ich habe in jedem Fall wieder viel gelernt, auch wenn das Training so ganz anders läuft, als ich das eigentlich erwartet hatte. Ich hatte (wie in meinen bisherigen Manöverkursen mit Crew) eher mit 30 An-/Ablegemanövern pro Übungseinheit gerechnet und weiss bereits jetzt, dass es auch nach diesem Training Situationen geben wird, in denen ich Einhand lieber in der Hafenkneipe bleibe, statt abzulegen. Aber auch das ist eine Erkenntnis und immerhin, der Anfang ist gemacht…
An Tag 3 bin ich hin und her gerissen: Der Wind bläst, soll ich es heute wirklich wagen? Nach dem Duschen telefonieren ich kurz mit Richard. Ich will es heute alleine versuchen und gebe ihm frei. Ich melde mich per Funk bei den Marinamitarbeitern und bitte um ein Dinghy auf Standby zum Ablegen. Verständnisprobleme sorgen beim folgenden allerersten echten Einhand-Ablegen dafür, dass das externe Bugstrahlruder in Form des Dinghies meinen Bug in die Boxengasse bugsiert. Egal! Ich habe bei ca. 4 Beaufort abgelegt und hole die im Wasser treibende Heckleine ein.
Wie zuvor mit Richard drehe ich anschliessend im Vorhafen meine Runden, klariere die Heckleinen und täusche einige Anlegemanöver genau gegen den Wind (an die Mole) und einige male parallel zur eigenen Boxengasse an. Dann funke ich erneut mit der Marina. „Bitte wieder das Dinghy, ich komme zurück!“
Der Wind hat zwischenzeitlich etwas nachgelassen (2-3 bft) und der Marinero beschliesst für mich, dass ich das Dinghy nicht brauche und nimmt mir stattdessen lieber die Heckleinen ab. Ganz anders als eigentlich geplant, aber irgendwie auch sehr realistisch 😉. Ich bin total geflasht: Das hat wirklich gut geklappt, keine neuen Schrammen im eigenen Boot oder den Nachbarbooten, Alles gut!
Um die Mittagszeit (ich bastle inzwischen schon wieder am Boot) bin ich froh, dass Richard heute frei hat: Es herscht Flaute! Zum Glück habe ich mich schon heute morgen getraut abzulegen, was würde ich sonst jetzt mit dem fehlenden Wind hadern.
Ich bin nun gespannt, ob der Wind wie angekündigt morgen tatsächlich auf West dreht und wie es mit dem Coaching weitergeht. 2 Stunden würde ich denke ich schon noch gerne machen, jetzt wo der Coach schon mal da ist…