Etappe 2020-3: Anzio – Ponza (41.7 sm)

Leider liess der für heute angekündigte Wind zunächst auf sich warten und wir motorten nach dem Ablegen um 6:30 Uhr in Anzio die ersten Stunden in Richtung Ponza. Highlight des Morgens war ausser dem noch schlafenden Kind im Vorschiff ein Schwarm Sardinen, der durch Luftsprünge versuchte seinen Jägern zu entkommen.

In Ponza haben wir über Navily einen exclusiven (oder zumindest sehr teuren) Liegeplatz gebucht. Satte 143,- € werden hier pro Nacht für unsere 34 Fuß fällig. Im Vergleich zu den Preisen hier, war selbst Monaco ein Schnäppchen. Das wird uns auf unserem weiteren Weg durch die Bucht von Neapel und die Amalfiküste entlang wohl noch häufiger so gehen. Als ich gestern nämlich zentrale Anlegemöglichkeiten in Neapel evaluiert habe, von denen aus man die Stadt zu Fuss erkunden kann (Corona Vorsichtsmassnahme Nr. 1: Wenn irgendwie möglich keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen), stiess ich doch tatsächlich auf eine Marina, die mehr als 200 € pro Nacht für unsere 10 m Yacht aufruft…

Auch am Nachmittag hatten wir statt mit den Naturgewalten eher mit einem übermüdeten und quengeligen Kleinkind zu kämpfen 😞 bevor wir nach einer Rekordetappe von 41.7 Seemeilen für die Bord-Gynäkologin standesgemäß am Pontile Porzio festmachten.

Der fehlende Fender hängt an unserer Backbordseite bei einem besorgten Motorbootfahrer

Einem Schwimmsteg entsprechend liegen wir hier ziemlich dem Schwell ausgesetzt und entsprechend unruhig. Dafür ist Ponza sehr malerisch und unsere Tochter hat nach unserer Ankunft das (aller)erste Mal im Meer gebadet 🌊.

Neben uns am Steg schien ein äusserst wichtiger Bootseigner zu liegen. „Marco“ wurde von alle (auch anderen Eignern) derart unterwürfig hofiert, dass wir zu dem Schluss kamen, dass es sich entweder um den örtlichen Bürgermeister oder einen Mafiaboss handeln muss 😅.

Zum in diesem Jahr allgegenwärtigen Thema Corona: Das Bewusstsein der Italiener für das aktuelle infektiologische Geschehen scheint (wie so vieles anderes) einem Nord-Süd Gefälle zu unterliegen: Während die offiziellen Regeln in Ostia/Rom noch recht gut befolgt wurden und bei meinem Baumarktbesuch am Eingang sogar meine Körpertemperatur gemessen wurde, trägt hier ausser den Kellnern in den Restaurants und einigen wenigen anderen, so gut wie niemand eine Maske. Auch die Abstandsregeln werden eher lasch interpretiert. Erstaunlich, dass die Anzahl der Neuinfektionen in Italien derzeit auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegen…

Auch sonst spüren wir Corona an allen Ecken und Enden. Um uns sicherer zu fühlen, halten wir uns an einige selbstauferlegte Regeln:

  1. Wir haben deutlich mehr Lebensmittel mitgebracht als in früheren Jahren um Supermarktbesuche auf ein Minimum zu beschränken. Frische Lebensmittel müssen wir natürlich hier vor Ort kaufen. Wenn wir einkaufen gehen, geht nur ein Elternteil (mit Maske) in den Supermarkt. Annika, die noch keine Maske tragen kann, kommt nicht mit.
  2. Wenn möglich verzichten wir auf die Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das teure Taxi vom Flughafen in Rom zurück zur Marina war hier eine für uns unvermeidbare Ausnahme.
  3. Wir verzichten auf den Besuch der üblichen überfüllten Touristenhotspots.
  4. Wir verzichten bisher auf Restaurantbesuche und kochen selbst (ein Restaurantbesuch wäre mit Annika vermutlich ohnehin recht anstrengend).
  5. Wir duschen an Bord und nutzen die sanitären Einrichtungen in den Häfen nicht. Das ist etwas mehr Aufwand, erscheint uns aber derzeit angebracht.
  6. Wir versuchen Abstand zu halten. Das entpuppt sich in der italienischen Kultur aber als schwieriger als gedacht.

Den oben aufgeführten Regeln fällt zum Beispiel ein geplanter Besuch bei den Ruinen von Pompeji zum Opfer: Gerne hätten wir die Überreste dieser antiken römischen Stadt besichtigt. Da sie aber etwas im Hinterland und nicht direkt an der Küste liegt, wäre sie nur per Taxi oder ÖPNV zu erreichen gewesen. Wir haben uns daher entschieden, den Besuch auf „später“ zu vertagen.

Stattdessen wollen wir, wenn möglich Neapel (draussen und möglichst abseits der Touristenmassen) besichtigen, auch wenn die Marina, die in Laufdistanz zur Altstadt liegt natürlich sehr teuer ist.

Trotz dieser Einschränkungen sind wir froh, dass ein Segelurlaub in Italien dieses Jahr überhaupt möglich ist. Noch vor wenigen Monaten war dies eigentlich undenkbar.

Etappe 2020-2: Lido di Ostia – Anzio (31.3 sm)

Mit leichten Winden direkt auf die Nase sind wir heute von Lido di Ostia nach Anzio motort. Mit einem Kleinkind an Bord, das permanent beschäftigt werden will, war das ein völlig anderes Erlebnis als im letzten Jahr. 

Noch etwas soll dieses Jahr anders laufen: Auf eine Auseinandersetzung mit dem Teppichmesser und kräftigen Schwell im Hafen von Anzio würde ich diesmal gerne verzichten… Allerdings liegen wir auch jetzt wieder bei (moderatem) Wind aus mehr oder weniger südlichen Richtungen in Anzio. Über Schwell im Hafen dürfen wir uns diesmal also nicht beschweren.

Immerhin, der Motor läuft bisher problemlos. Allerdings haben wir unterwegs festgestellt, dass der elektronische Windrichtungsanzeiger nicht mehr. Irgendwas ist immer…

Vom Hafen von Anzio aus, kann man am Horizont bereits die Insel Ponza erkennen, die unser nächste Etappenziel werden soll. Aufgrund der Länge der anstehenden Etappe (rund 40 Seemeilen) und auffrischenden Winden gegen Nachmittag wollen wir morgen so früh wie möglich aufbrechen.

Nachtrag: Was wir gestern aus Anzio am Horizont für Ponza gehalten hatten, entpuppte sich am nächsten Tag dann doch als Capo Circeo auf dem Festland 🤪

Boatwork und Geplänkel mit der Werft in Lido di Ostia (21.07. – 25.07.2020)

Nachdem wir gleich am Tag unserer Ankunft im Hafen noch das neue Biminigestänge und die Sprayhood montiert hatten, haben wir an Tag 2 den Stoffteil des Biminis zum Sattler gebracht, der eine Aussparung für unseren Radarmast am Heck einfügen soll. (Reissverschluss heisst auf italienisch übrigens „cerniera“).

Ausserdem haben wir die Lazybags angebracht und das Grosssegel „fast” komplett angeschlagen. Die Segellatten und Reffleinen wollen wir aufgrund von gut 20 Knoten Wind im Hafen erst morgen anbringen.

Auch hier warten wir wieder auf die Werft, die Ausbesserungen an hingeschluderten Winterjobs versprochen hat. Immerhin wurde beim Ölwechsel diesmal die richtige Menge Motoröl eingefüllt. Die Werftmitarbeiter, die wir bisher kennengelernt haben, sind einfach nie mit dem selben Qualitätsanspruch ausgestattet, wie die, zugegeben kritischen, Eigner.

So wurde beim Motorservice hinter dem Motorblock Wischpapier zurück gelassen. Ein Detail, ich weiss, ich habe es entfernt, trotzdem lässt mich dieser Fund an der Sorgfalt der Werft bei den anderen durchgeführten Arbeiten zweifeln.

Beim Einkranen drückten die Krangurte derart gegen unsere Wanten, dass die Steuerbordssaling nun merklich mehr Spiel hat, als ihr Pendant an Backbord. Ich habe deshalb auf eine Kontrolle durch einen Rigger bestanden.

Das Ausbessern einer Gelcoatmacke (aus Genua) wurde erst vergessen, dann wurde eher notdürftig zugeschmiert, und beim Nachbessern dann mit Grünweiss statt Reinweiss beilackiert. O-Ton Lackierer: “It is the same color. It is just new and the rest of the boat is 20 years old.” Ziemlich dreist, mir einen Farbunterschied, den man bereits vom Steg aus erkennen kann so zu verkaufen. Immerhin hat der herbeigerufene Chef dann sein Farbmessgerät gleich wieder eingepackt und mir zugestimmt. Es war einfach offensichtlich. Am selben Abend wurde noch in der richtigen Farbe nachlackiert.

Auch unser Steckschot aus Plexiglas ging einem unachtsamen Werftmitarbeiter im Winterlager wohl kaputt. Kein Problem, man hat es ersetzt. Der angefertigte Ersatz ist aber so dünn, dass man unsere Wohnungstür von aussen nun ohne grossen Kraftaufwand aus seiner Halterung drücken kann. Auch funktioniert das Schloss nicht mehr richtig. Bei jeden Schliessvorgang hat man Bedenken den Schlüssel abzubrechen. Das eigentliche Problem mit dem Steckschot für mich ist aber, dass man uns nicht über den Tausch informiert hat. Man hatte wohl gehofft, wir würden es nicht (oder erst später) merken. Ich bin gespannt, ob erneuter Ersatz (inkl. neuem Schloss) noch vor unserer Abreise beschafft werden kann, denn, wie mir die Werft erklärte, sind plexiglasverarbeitende Betriebe in Zeiten von Corona stark ausgelastet. Das glaube ich sofort.

Bisher machen wir also quasi Erlebnisurlaub an Bord von Zanzibar. Und das bereits vor dem ersten Ablegen.

Die Schlagzahl ist auch sonst eindeutig höher als letztes Jahr als wir einen ganzen Monat Zeit hatten um das Boot segelklar zu machen. Dafür sind die Temperaturen erträglich und es herscht deutlich mehr Wind. Ich bin gespannt wie wir als Familiencrew mit diesen Bedingungen zurecht kommen…

Auch das Beaufsichtigen von Annika ist dieses Jahr deutlich zeitintensiver. Während sie im letzten Jahr in Ihrem Bettchen oder Kinderwagenoberteil mehr oder weniger friedlich einfach da lag, ist nun ein Elternteil permanent damit beschäftigt, Annika hinterherzurennen und ihr nichtkindersichere Bootsutensilien und Werkzeuge aus der Hand zu nehmen. Trotzdem haben wir es geschafft zum Mittagessen an Hafentag 2 ein frisches Brot zu backen:

Am dritten Tag haben wir früh morgens vor Auffrischen des Windes die Reffleinen und Segellatten am Grosssegel angebracht und das Bimini vom Sattler geholt. Passt alles, Gott sei Dank!

In einer Windpause am Nachmittag haben wir die Genua angeschlagen und mit der Installation des Relingsnetzes begonnen…

Ausserdem konnte tatsächlich der örtliche Shipchandler mit einer neuen Campingaz Flasche für unseren Herd/Ofen weiterhelfen. Wieder können wichtige Punkte von der To-Do Liste gestrichen werden.

Nach einem Baumarkt- und Supermarktbesuch habe ich an Tag 4 dann unser Auto am nahen Flughafen auf einem Langzeitparklatz geparkt und eine überteuerte Taxifahrt (die 48,- Euro; verbuche ich als Coronaaufbauhilfe) zurück zur Marina genossen…

Ausserdem gab es Fortschritte beim Steckschot und beim Relingsnetz. Beide Projekte sollten vor der Zielgeraden sein, in die wir morgen an unserem letzten Hafentag in Ostia einbiegen wollen…

Langweilig wird uns hier bis zum Ablegen ganz bestimmt nicht.

Etappe 30 (bzw. 2020-1): Boatservice Shipyard – Porto di Roma (2 nm)

Nachdem wir gestern nach einer fast 14 stündigen Autofahrt quer durch die Schweiz und Italien endlich am Boot ankamen, wurde selbiges am Nachmittag noch in den Tiber gekrant. Heute haben wir uns nach einer schaukeligen (aber kostenlosen) Nacht am Steg der Werft dann in die uns wohl bekannte und nur knapp 2 Seemeilen entfernte Marina „Porto Turistico di Roma“ verholt.

Hier wollen wir einige Tage verbringen um das Boot segelklar zu machen, bevor wir uns mit Kurs Süd auf den weiteren Weg um den Stiefel machen.

Unter anderem steht die Montage des Biminis, das Anbringen eines Relingsnetzes sowie das Anschlagen der Segel ganz oben auf unserer fast endlosen To-Do Liste.

Rund Stiefel in Zeiten von Corona

Eigentlich hatte wir über Ostern eine dreiwöchige Fortsetzung unsere etappenweise Reise um den Stiefel geplant um nach dem Einwassern von Rom weiter in Richtung Neapel zu segeln. Eigentlich!

Denn nachdem die Ausbreitung des neuen Corona-Virus (nicht nur, aber auch in Italien) immer weiter voranschreitet, haben wir uns schweren Herzens entschieden, die Fortsetzung unseres Abenteuers vorerst zu verschieben. Wir wollen (vorallem mit Annika) kein Risiko eingehen und falls wir denn erkranken sollten, bevorzugen wir dies in einem Gesundheitssystem, in dem wir dieselbe Sprache, wie die behandelnden Ärzte sprechen.

Wir hoffen, dass sich die Situation vielleicht im Mai oder Juni ausreichend beruhigt hat damit wir ohne ungutes Gefühl als Familie nach Italien reisen können…

Bis dahin liegen unsere Pläne erstmal auf Eis…

Etappe 29: Rom – Boatservice Shipyard/Tiber (2.2 sm)

Die Etappe zum Auswassern war nochmal aufregend. Nachdem der Wecker zu nachtschlafender Zeit (5:30!) klingelte, begrüsste uns ziemlicher Schwell schon bei der Hafenausfahrt vom Porto di Roma. Der Wind der letzten Tage hatte seine Spuren hinterlassen und Tatjana war entsprechend nervös. Hatte ich Ihr nicht erklärt, dass brechende Wellen für Yachten durchaus zum Problem werden können? Zum Glück war kaum Wind als wir kurze Zeit später vom Schwell in den Tiber gespühlt wurden. Irgendwie werde ich ja auch immer etwas unruhig, wenn wie hier weniger als 2 m Wasser unter uns liegen. Schlussendlich lief es aber ganz problemlos (Selbstheilungskräfte haben die Vibrationen an unserem Propeller scheinbar zumindest verringert) und wir haben um kurz nach 8 Uhr morgens an einem wackligen Holzsteg vor der Werftgelände angelegt.

Hier starteten dann aber die Probleme (glücklicherweise einmal nicht mit unserem Boot): Der Kran, der uns auskranen sollte sprang nicht an. Ein Mechaniker nach dem anderen wurde herbeizitiert, doch keiner schaffte es, den Kran zum Laufen zu bringen. Schlussendlich wurden wir auf Montag vertröstet. Mit neu (bestelltem) Anlasser soll ein zweiter Versuch unternommen werden. Gut dass wir eine weitere Woche quasi „vor Ort“ sind… Meine bisherige Italienerfahrung lässt jedoch bereits leichte Zweifel aufkommen, dass das am Montag wirklich klappt. Wir werden sehen…

Unser Aufenthalt am Werftsteg war durchaus unterhaltsam. So konnten wir beim Packen mehrfach sehen, wie Werftmitarbeiter Boote mit gewagten Leinenmanövern im kräftigen Strom des Tibers von einer Seite des Steges zur anderen jonglierten. Das Boot hinter Zanzibar steht nur deshalb schräg, da der Kiel/Tiefgang ein weiteres Heranzerren an den Steg verhinderte. Uuuups. Zum Glück bin ich nicht vor Ort, wenn derlei Spielchen mit unserem Boot gemacht werden…

Bei unserer Abholung zeigte sich Rom dann bereits von seiner gastfreundlichsten Seite: Der Fahrer kam 30 Minuten zu früh und war genervt von unserem vielen Gepäck (selbstverständlich hatten wir bei der Buchung den grösstmöglichen Minivan ausgewählt und darauf hingewiesen, dass wir ein knappes halbes Jahr auf dem Boot gelebt hatten und entsprechend viel Gerödel transportiet werden muss).

Am Zielort packte der Fahrer auf einmal kräftig mit an: Unser Gepäck wurde unsanft an der Strassenecke abgestellt (hingeworfen wäre vermutlich der passendere Ausdruck). Ich habe es mir daher nicht nehmen lassen, vom genervten Fahrer noch eine Quittung für den Fahrpreis zu verlangen und ihm mitzuteilen, dass ein freundlicher Fahrer ja durchaus mit einem Trinkgeld hätte rechnen können 👊

Falls jemand in Rom mal einen Transfer braucht, rate ich also dringend vom Unternehmen eleganceservice.com ab. Unser AirBnB Host hatte diesen Fahrer für uns organisiert. Immerhin war der Preis annehmbar. Fahrstil und Freundlichkeit des Fahrers waren es definitiv nicht.

Nun sind wir also wieder Landratten (naja fast, sobald das Boot ausgewassert ist…) und verbringen eine Woche in Rom und gönnen uns den Luxus von fliessendem warmem Wasser, nicht schaukelnden Betten und einer Toilette bei der man nicht pumpen muss.

Update aus Porto di Roma, Teil II

Tatjana lernt viel zur Zeit: Segel abschlagen und verstauen, Edelstahl polieren, Nachts eine zweite Mooring ausbringen. Sämtlich Aufgaben, die eigentlich bisher in meinen Aufgabenbereich fielen, werden jetzt zusätzlich zur Versorgung von Annika von Ihr übernommen. Von daher bin ich froh, wenn Zanzibar Ende nächster Woche ausgekrant ist, an Land steht und wir als Landratten unsere AirBnB Unterkunft in Rom beziehen.

Immerhin kann ich mit Reservekanister bewaffnet mehrfach zur Tankstelle um die Ecke pilgern. Da die Bootstanke hier im Hafen 1,80 € für einen Liter Diesel will laufe ich lieber drei mal ein paar hundert Meter durch die Mittagssonne um Auto-Diesel für 1,50 € den Liter zu zapfen. Auch sonst besteht meine Aufgabe überwiegend aus Laufen. Mehrmals täglich drehe ich mit Annika meine Runden im Hafen damit Tatjana ungestört werkeln kann.

Update aus Porto di Roma (Ostia)

Nachdem ich immer noch einhändig unterwegs bin, bleiben die meisten Aufgaben, die vor dem Einwintern von Zanzibar anstehen an Tatjana hängen. Das Dinghy musste geputzt und verstaut werden. Das letzte Heizungskabel wollte von der Backskiste in den Salon verlegt werden und und und. Das Heizungskabel hat Tatjana übrigens gerade zur rechten Zeit verlegt. Es wird deutlich kühler. Zuerst wunderten wir uns, dass es nachmittags nun nicht mehr ausreicht Badehose oder Bikini zu tragen, am 4. Oktober sind wir dann schlotternd aufgewacht: 18 Grad im Boot 😅🥶 Vielleicht ist die Zeit der Sommerbettdecken nun auch vorbei. Immerhin: die neue Dieselheizung läuft bisher problemlos. Nachdem die Luft aus der Dieselleitung entfernt wurde sorgt sie nun für wohlige Wärm unter Deck (zugegeben, der Plastikgeruch stört etwas. Dieser sollte sich gemäß Händler aber bald geben).

Inzwischen hat Tatjana auch den Dorade-Lüfter neu abgedichtet und ist mit der Politur der Edelstahlteile an Deck zu gange. Ich bin zum Zuschauen verdammt oder gehe mit Annika spazieren. Immerhin das kann ich, ohne dass meine Hand zu sehr belastet wird. Schon als ich versuchte eine Schlauchschelle am Fäkalienschlauch zu wechseln (rein prophylaktisch, die alte war ziemlich korrodiert, was mir beim Wechsel der Pumpe aufgefallen war) blutete es wieder. Na toll! So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Irgendwie ein unwürdiges Ende der Elternzeit unter Segeln.

Bisher nicht wirklich weiter gekommen sind wir mit den auf der letzten Etappe aufgetretenen Vibrationen am Saildrive/Propeller. Tatjanas Tauchversuche ware nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Evtl. unternehmen wir einen weiteren Versuch mit der GoPro. Immerhin treten die Vibrationen im Leerlauf nicht auf. Zur Not müssen wir die Schraube eben nach dem Kranen inspizieren.

Nachts werden wir nun immer häufiger von Fischen geweckt. Was andernorts ein kaum wahrnehmbares Knuspern kleinerer Fische am Bewuchs des Unterwasserschiffs ist, hört sich hier an, als würden sich die Fische mit Hammer und Meißel über unser Unterwasserschiff hermachen. Wenn sie das gründlich genug tun, können wir nächstes Jahr eventuell auf einen Antifouling-Anstrich verzichten 😅

Etappe 28: Anzio – Rom (31.9 sm)

Was mangels funktionierender Hände an Bord als langweilige Schwachwind-Motor-Überführungsfahrt zurück nach Rom geplant war wurde gestern doch nochmal aufregend. Ungefähr eine Stunde nachdem wir in Anzio abgelegt hatten, sackte die Motordrehzahl plötzlich ab und wir spürten seltsame Vibrationen im Boot. Nicht schon wieder das nächste Problem 🤯

Da im Motorraum nichts zu erkennen war und der Motor allem Anschein nach ruhig und gleichmäßig lief, gingen wir mögliche Ursachen durch:

Mangelnde Dieselzufuhr? Immerhin hatten wir in Anzio die neue Dieselpumpe für die neue Heizung eingebaut, die ihren Treibstoff aus unserem Haupttank bezieht. Verstopfter Dieselfiter? Eine angebrochne Anode am Propeller?

Tatjana und ich waren unterschiedlicher Meinung wie wir mit dem Problem umgehen sollten: Tatjana wollte die ca. 5 Seemeilen nach Anzio zurück, ich wollte wenigstens die halbe Strecke (also noch 10 weitere Seemeilen) schaffen, damit uns die Küstenwache bei gröberen Problemen wenigstens in “den richtigen” Hafen schleppen würde. Vermutlich wäre ein Zurückfahren die bessere Option gewesen (sicherlich im Sinne von guter Seemannschaft, erst Recht mit Säugling an Bord) aber wir haben es aus eigener Kraft mit 1100 Umdrehungen und rund 3 Knoten nach Porto di Roma geschafft.

Gegen Ende der Etappe wurde ich etwas wehmütig. Das war sie also, die Elternzeit im Mittelmeer. Schön! Aber doch so ganz anders als ich es mir ausgemalt hatte. Viel zu viele Motorstunden, nur wenige echte Segeltage und eine Menge Arbeit, um die zahlreichen auftretenden kleineren und grösseren Probleme an Bord zu bewältigen. Probleme ist ein gutes Stichwort:

Wir vermuten inzwischen die Ursache der Vibrationen entweder in einer um den Propeller gewickelten Leine/Fischernetz oder einer sich teilweise gelösten Anode… sobald das Wetter passt, wollen wir der Sache tauchend auf den Grund gehen. Eine mittels am Bootshaken befestigter GoPro durchgeführte Inspektion brachte leider keine neuen Erkenntnisse. Das Wasser im Hafenbecken ist zu trüb und die GoPro kommt nicht nahe genug an den Saildrive/die Schraube heran.

In diesem Zusammenhang fiel mir auch ein besonderes Feature einer auf der Boot in Düsseldorf besichtigten Amel (50?) wieder ein. Dort gab es unter dem Bett in der Achterkoje eigens ein Kontrollfenster um die Schiffsschraube zu begutachten. Tatsächlich sehr sinnvoll und durchdacht.

Leider eine andere Liga was das Budget angeht, also wird bei uns wohl getaucht. Ansonsten bleibt nur das Unterwasserschiff nach dem Auskranen am 11. Oktober zu begutachten.

Update aus Anzio

Aufgrund meiner verletzten Hand haben wir entschieden, statt eines Abstechers noch weiter nach Süden morgen zurück zu unserem diesjährigen Winterlager nach Porto di Roma zu fahren. Dort wollen wir in den folgenden zwei Wochen das Boot winterklar machen und versuchen bereits eine Woche früher als ursprünglich geplant auszuwassern.

Anschliessend wollen wir wie geplant eine Woche lang von Land aus Rom erkunden und in der “gesparten” Woche eventuell Florenz besichtigen bevor es zurück nach Basel geht (irgendwann muss ich ja schliesslich wieder ins Büro)

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