Etappe 2022 – 7: San Foca – Brindisi 32.4 sm – dichter Nebel zum Ende des Pfingsttörns

Der Luxus des Tages besteht im Aufwachen ohne Wecker. So viel Luxus muss am letzten Törntag sein. Zumal die Strecke heute mit um die 30 Meilen für unsere aktuellen Verhältnisse recht kurz ist. Als wir dennoch viel zu früh aufwachen, ist es immer noch neblig. Wir tingeln mit dem Kanister zur Bootstankstelle, die in einem für uns zu flachen Bereich des Hafens liegt und bunkern 20 Liter Diesel. Wir wollen heute auf Nummer sicher gehen, denn auch heute ist Wind von vorn angesagt. Beim Schnack an der Tanke meint ein anderer Kunde, der Nebel sollte sich in 1-2 Stunden verziehen. Nun gut, dann warten wir ab.

Wir warten und warten, nichts! Die Sonne kommt, dennoch kann man von unserem Liegeplatz aus kaum die Hafeneinfahrt ausmachen. Gegen elf Uhr fassen wir uns ein Herz und legen trotz Nebel ab.

Wie schon bei unserer Nachtfahrt nach Roccella Ionica bin ich froh, dass ich unser defektes Radardisplay durch ein bei eBay ergattertes Ersatzteil ersetzt hatte. Wir sehen Fischerboote und Tonnen bei Sichtweiten von teilweise nur rund 30m ausschließlich auf dem Radarbildschirm. Irgendwie gruselig.

Irgendwann verschwindet der Nebel doch und der uns entgegen kommende Wind frischt auf. Wieder nichts mit Segeln. Immerhin sind die Bedingungen deutlich moderater als gestern.

Wir gondeln die Küste hoch und schlängeln uns am Verkehrstrennungsgebiet vor Brindisi vorbei. Dabei beobachten wir ein anderes Boot auf dem AIS, welches die dort geltenden Regeln etwas flexibler interpretiert 😅

Nachdem wir bei frischem Wind angelegt haben, liegen wir geschützt aber durch die unmittelbare Nähe zum Flughafen recht laut in der Marina di Brindisi. Wir haben bis zu unserer Anreise nun 2 Tage Zeit das Boot klar zu machen, das bis zu unserem Sommerurlaub Mitte Juli hier auf uns warten soll.

An Tag 1 motten wir Bimini, Sprayhood und Solarzellen ein und waschen unsere Wäsche. An Tag 2 geht es früh morgens in den Mast um unsere elektronische Windfahne zu demontieren. Sie hatte den ganzen Urlaub über nicht funktioniert. Saharastaub der im Winterlager in Marina di Ragusa regelmässig herüber wehte, hatte sich im Drehmechanismus abgelagert und diesen blockiert. Die Windstärke wurde uns zwar noch angezeigt, die Windrichtung jedoch nicht. Nach einer gründlichen Reinigung und Behandlung mit Silikonöl dreht sich der Richtungsanzeiger wieder und sollte (nach einer Kalibrierung auf See) die Richtung nun wieder anzeigen. Getestet wird das dann aber erst im Sommerurlaub im Juli.

Ausserdem machen wir an Hafentag 2 einen Ausflug in die Stadt. Praktischerweise hält der entsprechende Linienbus direkt vor der Marina.

Etappe 2022 – 6: Gallipoli – San Foca 64 sm – Um die Ferse in die Adria und gleich bei 6 bft gegenan

Um kurz nach fünf schrecke ich auf: Oh Gott, es ist hell! Ich habe verschlafen, wir wollten doch früh los! Kurze Zeit später die Entwarnung, der Wecker klingelt. Noch schlaftrunken torkeln wir durchs Schiff und sind uns sicher: Überführungscrew wäre kein Job für uns. Mit Urlaub hat dieser Törn definitv nichts zu tun. Aber es hilft nichts, wir wollen heute um die Ferse in die Adria. 

Leider kämpfen wir uns auch heute wieder durch die Flaute. Wenigstens passieren wir nach etwa einer Stunde endlich einen „Punta del Pizza“. 🤣. Es geht weiter vorbei an Santa Maria di Leuca und in die Adria. Der „Rückweg“ ist offiziell gestartet. Nun kommt auch Wind auf. Wir versuchen zweimal die Segel etwas zur Hilfe zu nehmen, aber es klappt nicht, der Wind kommt zu sehr von vorn. Kreuzen? Wieder mal wegen der Etappenlänge keine Option

Auf dem Weg zu unserem Tagesziel in San Foca spielen wir mit Annika im Cockpit stundenlang „Ich sehe was, was Du nicht siehst“. Alles ganz lustig und entspannt. Bis wir unseren Kurs nach Nordwest einschlagen: Aus dem Kanal von Otranto blasen uns urplötzlich statt der angesagten drei Beaufort deren sechs entgegen und die Welle ist kurz und unangenehm. Diese Erfahrung hätten wir gegen Ende unseres Trips nun wirklich nicht mehr gebraucht. Wir versuchen dichter unter Land zu fahren. Es hilft nichts. Wir kommen kaum mehr vorran. Stellenweise machen wir unter 3 Knoten. Wir erhöhen die Motordrehzahl und ärgern uns: Am Vorabend hatten wir uns entschlossen nicht zu tanken, damit „der Diesel auch mal verbraucht wird“. Jetzt ist uns schon ein bisschen mulmig mit nur einem viertel Tank bei diesen Bedingungen. Nachdem sich die Gemüter etwas beruhigt haben, tagt der Familienrat: Sch… auf unsere Reservierung in San Foca, wir laufen Otranto an und ersparen uns so zwei zusätzliche Stunden Höllenritt. Doch auch nach Otranto sind es noch 2,5 Stunden. Da müssen wir jetzt durch!

Durch ziemlich viel Müll motoren wir weiter. Immer wieder gilt ein banger Blick des Skippers der Tankanzeige: 1/4 voll, aber wie genau ist das? Hinter uns liegt kein Hafen in vernünftiger Reichweite. Warum haben wir bloss in Gallipoli nicht getankt? Irgendwann verfängt sich eine Art Bambusstab am Heck des Bootes. Haben wir ein Fischerfähnchen überfahren oder ist das einfach nur Treibgut? Jedenfalls kann bei diesen Bedingungen sicher niemand auf der Badeplattform versuchen das Teil zu entfernen.

Als wir kurz vor der Hafeneinfahrt die Fender ausbringen löst sich das Problem zum Glück von selbst…

Als wir ums Kap sind beruhigen sich die Bedingungen etwas. Da Tatjana in Otranto niemanden erreicht, beschließen wir doch weiter nach San Foca zu fahren. Die 2 Stunden schaffen wir noch. Ausserdem hätten wir jetzt mit Otranto einen Hafen als Backup im Rücken und unsere letzte Etappe morgen würde 10 Meilen kürzer ausfallen.

Der Hafen von San Foca ist flach, aber durch einen Wellenbrecher erstaunlich gut gegen nördliche Winde geschützt. Nach dem problemlosen Anleger würden wir hier in Abrahams Schoß nie vermuten was „da draußen“ los ist.

Nachdem wir sichergestellt haben, dass wir vor unserer Abfahrt morgen 20l Diesel im Kanister bekommen, gibt es einmal mehr Pasta an Bord. Zum Abschluss des Urlaubs wird in Brindisi bereits von Restaurantbesuchen und Erdbeereis (Annika) geträumt…

Kurz nach dem Abendessen zieht tatsächlich dichter Nebel auf und wir sind froh: Es hätte auch noch schlimmer kommen können 😉

Etappe 2022 – 5: Crotone – Gallipoli 73.9 sm – Ciao Calabria, benvenuti in Puglia

5:05 Crotone abgelegt. Unser erster Logbucheintrag des Tages klingt so gar nicht nach Urlaub. Irgendwie fühlt sich unser Pfingsttörn auch eher wie eine bezahlte Überführung an (zumindest stelle ich es mir das so vor). Wir passieren in der Morgendämmerung die unbeleuchtete Gasplattform Luna A und setzen kurze Zeit später motiviert das Grosssegel. Doch wieder herrschen nur leichte Winde von vorn. Dann wird das Segel eben nur gelüftet 😜

Wir motoren die nächsten Stunden durch den Golf von Taranto und sind uns sicher, dass unsere Etappen im Sommerurlaub in der Adria wieder deutlich kürzer werden sollen. Knapp hinter uns teilen zwei weitere Segler uns Schicksal: Freyr (227390510) und Tocade (228089130) sind heute unsere Flauten-Leidensgenossen.

Etwa ab halber Strecke lohnt sich unser Durchhaltevermögen und wir können tatsächlich segeln (und auch gleich unsere Reffleinen testen). Leider ist die Tagesetappe zu lang, als dass wir den Motor komplett ausschalten könnten. Er schiebt mit.

Nachmittags haben wir dann doch ein sehr mulmiges Gefühl, als wir auf Kanal 16 Bruchstücke des Funkverkehrs zu einem Seenotfall mitbekommen, in den wohl ein Boot verwickelt ist, das noch in Roccella Ionica am selben Steg lag wie wir.

Wir backen zur Ablenkung zum Mittagessen erneut ein Brot und vermuten, dass die Trockenhefe die Hitze im letzten Sommer eventuell doch nicht ganz unbeschadet überstanden hat. Egal, motoren macht fast so hungrig wie segeln 😜

Da der Gästepontoon im eigentlich angepeilten Etappenziel Santa Maria di Leuca aktuell wegen Bauarbeiten gesperrt ist, halten wir Kurs auf das etwas weiter nördlich liegende Gallipoli. Wir sind nun in der Region Apulien angekommen. Die Adria und somit unser „Rückweg“ ist zum Greifen nah. Nur noch einmal um die Ferse…

Wir sind ziemlich kaputt, wir verlassen den Schwimmsteg an dem wir angelegt haben nicht. Es gibt keim Bild vom Boot, nur ein schnelles Nudelgericht und ab ins Bett. Wir sind uns einig: So machen wir das nicht mehr. Natürlich kann man im Eiltempo um dem Stiefel segeln (bzw. motoren), von Land und Leuten bekommt man dann allerdings nichts mit.