Nach einem ruhigen Morgen wird es nach etwa 20 Seemeilen, als wir beginnen die Zufahrt zur Straße von Messina zu queren etwas lebhafter: Wir müssen zwei großen Frachtschiffen ausweichen. Auch am Funkverkehr merkt man, was für eine verkehrsreiche Meerenge hier querab liegt. Wir lassen den aufgrund des diesigen Wetters nur unscharf zu erkennenden Ätna an Backboard liegen und motorsegeln mit etwa 6 Knoten dem italienischen Festland entgegen. Läuft bisher eigentlich alles wie am Schnürchen. Wenn es weiter so flutscht, sollten wir unser Etappenziel Roccella Ionica in den frühen Morgenstunden erreichen. Noch unklar ist uns indes, wie wir uns nach der geplanten ersten Nachtfahrt mit Kind dann wieder bestmöglich erholen…
Nach dem Abendessen kommt bei Einbruch der Dunkelheit kurz ein Delfin vorbei und jagt uns einen gehörigen Schrecken ein. Im Halbdunkeln halten wir ihn im ersten Moment für einen Wal 😉 Wir rollen die Genua weg. Zum Einen ist der Wind eingeschlafen, zum Anderen herrscht noch immer reger Verkehr und wir wollen uns voll und ganz auf den Ausguck konzentrieren. Vor den vielen Lichtern der bebauten Festlandküste fällt es uns schwer, die Navigationslichter der per AIS und dem erstmals ernsthaft verwendeten Radar sichtbaren Schiffe auszumachen. Ein extrem anstrengender Beginn der Nacht. Zum Glück wird es, als wir die Hauptschifffahrtslinie gequert haben, nach etwa zwei Stunden etwas ruhiger.
Annika spürt wohl insgeheim die Anspannung Ihrer Eltern und wacht bereits kurz nach Mitternacht auf. Sie will partout nicht mehr schlafen und so ist ab sofort meist einer von uns mit der Kinderbetreuung beschäftigt. Unsere Müdigkeit wird größer und größer und wir beide sehnen die Morgendämmerung herbei als plötzlich ein Boot in einem Affenzahn auf uns zu rast. Piraren? Hier??? Nur einen Augenblick später wird zunächst unsere Gastlandflagge an- und anschließend unsere Gesichter mit einem Suchscheinwerfer ausgeleuchtet. Die Guardia Finanza möchte wissen wo wir hin wollen und wieviele Personen an Bord sind. Die Dunkeladaption unserer Augen ist dahin und wir fragen uns, warum man diese Fragen einem Boot, das ein AIS Signal aussendet nicht per Funk stellt und es stattdessen derart zu erschreckt 🙄🤪…
Gegen viertel nach fünf wird es endlich etwas heller und wir werfen etwa 1 Meile vor unserem Zielhafen den Anker. Noch eine Premiere! Vor Anker habe ich mich mit Zanzibar noch nie schlafen gelegt. Nach dem ersten Kaffee und einer Runde Schwimmen vom Boot aus für Tatjana, legen wir gegen halb elf nach 120 Seemeilen an einem Fingersteg im Porto delle Grazie in Roccella Ionica an: Was für ein Abenteuer!
An unserem Hafentag laufen wir in den etwa drei Kilometer entfernten Ort um Annikas Bewegungsdrang auf einem Spielplatz zu befriedigen und decken uns beim örtlichen Metzger mit Salsicca ein, die abends auf den Heckkorbgrill wandern.
Unsere Abreise aus Malta gestaltet sich etwas schwieriger als die Einreise zwei Tage zuvor. Aufgrund eines einlaufenden Kreuzfahrers und einiger anderer Schiffsbewegungen im Hafen müssen wir nach dem Ablegen eine halbe Stunde warten, bis wir tatsächlich los dürfen.
Dann aber passieren wir die beiden Molen und setzen bereits kurze Zeit später unsere Genua. Motorsegelnderweise geht es unserem Tagesziel Marzamemi auf Sizilien entgegen. Zwar ist es immernoch schwach windig, jetzt passt aber wenigstens der Windwinkel etwas besser und die Genua lässt uns etwa 1 Knoten schneller vorran kommen.
Unterwegs passiert sonst nicht viel und wir können uns um Annika kümmern, die bei einer solch langen Etappe bei Laune gehalten werden will.
Gegen 17 Uhr erreichen wir unser Tagesziel in Marzamemi. Hier waren wir bereits im Vorjahr so dass wir auf einen Besuch im durchaus sehenswerten Städtchen verzichten. Wir füllen unser 20 Liter Diesel aus dem Kanister in den Tank um und bestellen mit Hilfe der Hafenangestelten Pizza. Die von uns fürs Abendessen angedachte Pizzeria hat nämlich tatsächlich auch Ende Mai noch zu und öffnet nur zur Hochsaison (schwer vorstellbar wenn man den aktuellen Zustand der Barracke sieht).
Gedanklich sind wir bereits bei der uns morgen bevorstehenden Nachtfahrt, die uns von Sizilien ins 115 Seemeilen entfernte und an der Stiefelsohle liegende Roccella Ionica bringen soll. Das wird spannend. Wir wollen erneut relativ früh aufbrechen, um bei Einbruch der Dunkelheit die verkehrsreiche Straße von Messina bereits passiert zu haben. Für das fast bei Neumond geplante Abenteuer kommen uns die weiterhin vorhergesagten leichten Winde gerade Recht. So müssen wir uns Nachts nicht auf noch ums Segeln kümmern und können uns vermutlich voll und ganz auf den Ausguck konzentrieren.
Nachdem der Segelmacher am Sonntag doch noch kam und unser Reffleinenproblem kostenlos(!) behoben hatte, ging es heute morgen um 20 nach 6 fast pünktlich (wir hatten 6 Uhr geplant) los in Richtung Malta. Laut Vorhersage sollten uns moderate 10 Knoten Wind von vorn erwarten. Vielleicht ist eine Motorüberführungsetappe zu Urlaubsbeginn aber ohnehin keine schlechte Idee. Während Annika anfangs noch schläft, motoren die Eltern stundenlang in Richtung Süden. Als dann alle wach sind gibt es (für uns das zweite) Frühstück und Annika entdeckt die diversen Sitzgelegenheiten an Bord neu. Sie mag die Lifeline immer noch nicht.
Bei grenzwertig wenig Wind von vorn kommen wir gut vorran und ich übe mich als Vorbereitung auf die geplante Nachfahrt in Geduld indem ich versuche nur einmal pro Viertelstunde einen Rundumblick zu machen. Für einen Kontrollfreak gar nicht so einfach 🤷🏻♂️
Etwas später empfangen wir den ersten „überraschenden“ Funkspruch auf Kanal 16 der für verdutzte Gesichter und etwas Aufregung an Bord sorgt. Eine polnische Segelyacht segelt genau auf Gegenkurs von Malta aus nach Marina di Ragusa, hat uns auf dem AIS gesehen und will einfach kurz Hallo sagen. Wie nett!
Als wir nachmittags in die 12 Meilenzone Maltas einlaufen melden wir uns vorschriftsmässig bei Valletta Port Control an. Wir dürfen weiter und sollen uns am Breakwater erneut melden. Machen wir. Auch hier dürfen wir umgehend weiter. Soviel Verkehr ist hier heute gar nicht. Zum Schluss müssen wir aber doch nich warten. In der Marina ist man mit dem Anlegen einer Superyacht beschäftigt, die das Molenfeuer deutlich nach uns passiert. Naja, „money talks“.
Schliesslich legen wir an einem Fingersteg an und haben es tatsächlich geschafft: Malta! Nachdem uns zunächst Corona und dann meine Bedenken als verhinderter Einhandsegler im Herbst einen Strich durch die Rechnung gemacht hatten, sind wir im 3. Anlauf nun hier und liegen inmitten einer imposanten Kulisse in der Grand Harbour Marina.
Nach ein paar schnellen Nudeln zum Abendessen fallen wir in die Kojen und sammeln Kraft für den morgen geplanten Stadtbummel. Am Mittwoch soll es nämlich bereits wieder zurück nach Sizilien gehen.
Am erst vollen Bootstag lief vormittags noch alles wie am Schnürchen: Vorsegel dran, Lazybag und Grosssegel dran, ein bisschen aufgeräumt aber dann: Beim Einziehen der Reffleinen wünsche ich mir beim Palstek fürs 2. Reff etwas mehr Lose und schaffe es tatsächlich irgendwie am falschen Ende zu ziehen. Die Leine verschwindet im Baum: Shit!
So kommt es, dass ich statt einen erholsamen Nachmittag zu geniessen zum Segelmacher & Rigger eile und dort mein Glück versuche. Man will sehen, ob man mich irgendwo zwischen schieben kann, hat aber zum Saisonbeginn jetzt natürlich alle Hände voll zu tun. Na Prima! Statt am Meer sitze ich nun also den ganzen Nachmittag auf dem Boot und hoffe, dass der örtliche Rigger noch vor Feierabend vorbeikommt und das Problem hoffentlich noch vor dem Wochenende lösen kann. Montag wollen wir ja in aller früh nach Malta aufbrechen (wenn das mit den Einreisformalitäten denn klappt)…
Der Rigger kommt am Freitag natürlich nicht mehr. Vielleicht legt er ja morgen eine ungeplante Wochenendschicht für mich ein. Ansonsten sind wir vorerst nur mit Reff 1 und 3 Unterwegs und versuchen unser Glück im nächsten Hafen. Morgen Abend kommt jedenfalls endlich der Rest der Familie auf Sizilien an. Der Sonntag ist dann für ein erstes Verproviantieren im örtlichen Supermarkt reserviert.
Nach meiner Rückkehr vom Boot Anfang April, haben wir so ganz nebenbei ein altes Haus gekauft, dass wir in den nächsten knapp 1.5 Jahren sanieren wollen. Die Tapeten und Bodenbeläge sind bereits entfernt und nach und nach trudeln die Angebote der diversen Handwerker ein. Entsprechend gestresst bin ich, als es für mich heute morgen endlich zum Flughafen geht. Ich brauche dringend eine Pause und hoffe, dass ich mir und meiner Familie (die übermorgen nachkommt) mit dem geplanten “Pfingst-Powertörn” nicht zu viel zumute.
Die Tatsache, dass es an der Stiefelsohle kaum sichere Häfen gibt, die nur eine familienkompatible Tagesdistanz auseinander liegen, hat mich zugegebenermaßen bei der Planung der Fortsetzung unseres Trips schon etwas überrascht. Ich hatte eigentlich erst entlang der italienischen Adriaküste längere Schläge und weniger Häfen erwartet. Nun denn, es bleibt zu hoffen, dass Frau und Kind auch nach dem geplanten Husarenritt vor Pfingsten mit mir segeln wollen. Spätestens in Kroatien oder Griechenland wird es entspannter, versprochen 😉
Unser Etappenplan für den Pfingsturlaub sieht derzeit jedenfalls wie unten skizziert in nur 6 Etappen knackige 430 sm vor. Das Ganze in einem Zeitrahmen von nur 2 Wochen. Das, darf man guten Gewissens als „sportlich“ bezeichnen:
Marina di Ragusa – Grand Harbour Marina Malta, 55 sm, 2-3 Tage Aufenthalt auf Malta
Grand Harbour Marina – Marina di Marzamemi (61 sm)
Marina di Marzamemi – Porto delle Grazie – Roccella Ionica (115 sm, erste Nachtfahrt als Familiencrew)
Roccella Ionica – Yachting Kroton Club – Crotone (63 sm)
Crotone – Porto di Santa Maria di Leuca (72sm)
Santa Maria di Leuca – Brindisi (66 sm)
Falls das Wetter so gar nicht mitspielt, müssten wir von Marina di Ragusa direkt nach Marzamemi abkürzen und Malta vorerst an Steuerbord liegen lassen.
So oder so steht uns die erste Nachtfahrt im Mittelmeer bevor: Wir planen nämlich die 115 Seemeilen zwischen Marzamemi und Roccella Ionica in einem Rutsch durchzufahren. Einen Vollmond, der uns dabei gelegen kommen würde, gibt es Ende Mai zwar leider keinen, aber segeln im Dunkeln hat ja durchaus auch seinen Reiz. Ich bin gespannt, wie das klappt und wie viele Tage wir anschliessend zur Erholung brauchen.
Insgesamt haben wir 15 Tage zur Verfügung um unser Boot in die südliche Adria zu verholen. Wir planen etwa zwei Tage um Zanzibar in Brindisi für unserem Rückflug einzumotten. Dort muss das Boot dann auf einem bereits gebuchten Liegeplatz nur sechs Wochen auf die Fortsetzung unseres Trips in unserem Sommerurlaub warten.
Im August soll es dann von Brindisi ausgehend weiter nach Norden gehen, etwaige Etappenziele stehen hier allerdings noch nicht fest.
Jetzt steht ohnehin erst einmal das Anschlagen von Sprayhood, Bimini und Segeln an.
Während ich an Bord auf Richard und auffrischenden Wind für die letzte Trainingseinheit warte, widme ich mich der tropfenden Handpumpe der Bordtoilette. Arbeiten an der Toilette sind nie besonders angenehm, weiss man doch nie so ganz genau, was einen erwartet und welche Gerüche und Residuen einem so begegnen. Diesmal aber ist es halb so wild, und die Toilette ist nach einer halben Stunde Klempnerei wieder dicht.
Wunschgemäß hat der Wind inzwischen aufgefrischt. Es weht mit 12-15 Knoten aus West (steuerbord achtern). Etwas seitlicher könnte der Wind für meinen Geschmack schon sein, aber das Spiel mit dem Wetter ist eben kein Wunschkonzert…
Nachdem Richard eingetroffen ist, bereiten wir alles vor und dampfen zum Ablegen wieder in die 30m Heckleine ein. Das klappt wirklich ganz hervorragend! Wir versuchen auch, uns gegen den vorwärts arbeitenden Motor über die Winsch zurück an den Steg zu kurbeln. Auch das klappt! Gut zu wissen, falls etwas schief geht. Wir legen mit einem vorwärts Gasstoss ab, der das Heck herum drückt und fahren wie gehabt ein paar Runden im Vorhafen. Anschliessend legen wir wieder an. Für meinen Geschmack hat der Wind dabei schon wieder etwas zu sehr nachgelassen, aber von Flaute sind wir immer noch weit entfernt.
Als wir in der Lücke kurz vor dem Steg zum Stehen kommen, gelingt es mir erstmals die Heckleinen von der Badeplattform aus über die Klampen am Steg zu werfen. Was für ein toller Abschluss! Wir belassen es bei einer Trainingsstunde. Auch wenn mich der durchs Rigg heulende Wind noch immer erfürchtig nach oben blicken lässt, weiss ich nun: Es geht! Bei diesen Bedingungen krieg ich das alleine hin. Das nächste Mal soll Richard dann doch bitte bei 35+ Knoten Wind mit Ratschlägen und Tipps zur Seite stehen 😅.
Vermutlich werde ich mir alleine auch weiterhin sehr genau überlegen, ob und bis wieviel Wind ich ablege. Das entspricht aber eben auch meinem Selbstverständnis von Sicherheit und Komfort an Bord. Neben einigen hilfreichen Tipps und Kniffen, habe in den letzten Tagen vor allem gelernt, dass es alleine zwar aufwändig, aber durchaus möglich ist, und dass ich viele Dinge bereits jetzt gar nicht so ganz schlecht mache…
Das Coaching mit Richard hat sich für mich in jedem Fall gelohnt und ich kann mir gut vorstellen ihn vielleicht erneut für ein Training mit der Familiencrew an Bord zu holen.
Nachdem eine fiese Magen/Darminfektion die Familie kurzzeitig ausser Gefecht gesetzt hatte und es fraglich war, ob Tatjana Annika tatsächlich eine Woche lang alleine betreuen können würde, bin ich froh, dass ich nun mit 1.5 Tagen Verspätung doch noch auf Sizilien angekommen bin und wie geplant zum Coaching zum Thema Einhandsegeln antreten kann.
Nachdem ich erst Abends in Catania gelandet und mich anschliessend mit dem Mietwagen auf den Weg zum Boot gemacht habe, falle ich ins Bett.
Gleich am nächsten Morgen hole ich das Paket mit dem bereits wartenden neuen Autopiloten im Marinabüro ab und weihe die Mitarbeiterin in unsere Pläne ein: Wir werden also mehrfach an- und ablegen und brauchen wirklich keine Hilfe (so hoffe ich 😉).
Anschliessend treffe ich mich auf einen Kaffee mit Richard von Well Sailing, um den weiteren Ablauf durchzugehen. Gegen 11 Uhr geht es los und wir legen bei Kaiserwetter (und fast völliger Flaute) ab: Macht nichts! Ich erläutere jeweils kurz, was ich als nächstes zu tun gedenke und Richard gibt Tipps wo er es für angebracht, sicherer oder einfach praktischer hält zunächst etwas noch einmal zu überdenken.
Nach dem Ablegen wechseln wir am Steuer kurz ab, damit auch er für den Notfall mit dem Manövrierverhalten von Zanzibar vertraut ist. Anschliessend bin ich wieder dran und der Coach verschränkt die Arme oder vergräbt die Hände in den Hosentaschen. Das ist durchaus so gewollt, schliesslich will ich „Einhand-“ Segeln bzw. an- und ablegen lernen.
Ich bin überrascht, als Richard erklärt, wir sollten vor dem wieder „einparken“ doch erst einige Male üben das Anlegemanöver vor dem Festmachen irgendwo in der Boxengasse abzubrechen. Im Nachhinein gesehen, habe ich dabei aber sehr viel gelernt. Die wichtigste Message: Mehrere Versuche sind ok. Wenn irgendwas, und sei es das Bauchgefühl des Rudergängers nicht stimmt, fahren wir wieder raus, drehen eine Runde und setzen komplett neu an. Der anschliessende Anleger klappt problemlos (nur mit dem Werfen der Heckleinen um die Klampen am Steg habe ich so meine Schwierigkeiten, meist steige ich kurz über). Anlegen bei wenig Wind kann ich also, erst Recht, wenn der Liegeplatz zwischen zwei anderen Booten liegt. Das wusste ich zwar bereits vorher, es tut trotzdem gut, zu hören, was man vielleicht noch besser oder anders machen kann und was man eigentlich schon ziemlich gut kann.
Nach einer kurzen Mittagspause legen wir erneut ab und gehen am Tankpier längsseits. Zum Einen möchte ich gerne tanken, zum Anderen habe ich Richard gebeten, mir beim Eindampfen in die Achterspring doch mal auf die Finger zu schauen. Ich hatte immer das Gefühl, beim Eindampfen in Springs etwas zu zaghaft am Gashebel zu sein. Das klappt nun prima, genau wie das für mehr Wind geeignete Eindampfen in die seewärtige (Luv-) Achterleine. Bei einem der letzten Anleger am Tankpier merken wir beide, dass unsere Konzentration nachlässt: Schön war das nicht mehr, aber es ist nichts kaputt, nur die Fender mussten etwas mehr arbeiten als geplant 😅.
Nach dem Ende der Trainingseinheit verabreden wir uns zu einer weiteren Übungseinheit am nächsten Tag (bei bis zu 30 Knoten vorhergesagtem Wind) und ich breche auf, um beim örtlichen Segelmacher unsere Sprayhood. und die beiden Segel abzuholen.
Während die Segel nur gewaschen, durchgesehen und einige kleinere Reparaturen daran vorgenommen wurden, erhielt Zanzibars Sprayhood neue Folienfenster und neu, auch enstprechende Abdeckungen. Diese sollen die Fenster vor UV-Strahlung, aber auch Annika im Seaswing im Cockpit vor der italienischen Sonne schützen. Hier hatten wir uns bisher immer wenig effektiv mit gespannten Handtüchern beholfen. Jetzt sieht das ganze doch schon viel professionaller aus. Ich bin zufrieden!
Tag 2 startet wie bei Windy vorhergesagt mit bis zu 30 Knoten Wind aus Südost und grauem Himmel. Ein im Vergleich zu gestern völlig anderes Gefühl. Ich bin nervös, aber eigentlich ist es perfekt, ein Hafentraining bei Flaute macht wie ich finde wenig Sinn. Nach ewiger Vorbereitung und Planung (laut Richard besteht Einhandsegeln bzw. die entsprechenden Hafenmanöver zu 80% aus Planung) dampfen wir in die ausgebrachte 30 m lange Luv-Achterleine ein und hangeln uns in unserer Box nach vorn. Immer wieder stoppen wir kurz, nehmen die Leine dicht und beobachten, wie das Boot sich verhält und wie wir dieses Verhalten beeinflussen können. Dann sind wir frei und verhindern mit einer vorher eigens ausgebrachten Hilfsleine, dass die elend lange Heckleine beim anfänglichen Hinterherziehen in die Schraube gerät. Nach dem Einholen der Leine, testen wir im Vorhafen erneut das Manövrierverhalten des Bootes, bevor wir einmal in die Boxengasse antäuschen und anschliessend bei abnehmendem Wind (noch ca. 17 Knoten) wieder anlegen. Zack, schon sind die für heute geplanten 2h um… Ich bin aber auch echt geschafft. Das ist (vor allem mental) anstrengender als gedacht. Wir vereinbaren eine weitere Einheit. Je nach Wind wollen wir kurzfristig entscheiden ob diese morgen (bei 2-7 bft) oder übermorgen (bei 4-6) stattfinden soll.
Ich habe in jedem Fall wieder viel gelernt, auch wenn das Training so ganz anders läuft, als ich das eigentlich erwartet hatte. Ich hatte (wie in meinen bisherigen Manöverkursen mit Crew) eher mit 30 An-/Ablegemanövern pro Übungseinheit gerechnet und weiss bereits jetzt, dass es auch nach diesem Training Situationen geben wird, in denen ich Einhand lieber in der Hafenkneipe bleibe, statt abzulegen. Aber auch das ist eine Erkenntnis und immerhin, der Anfang ist gemacht…
An Tag 3 bin ich hin und her gerissen: Der Wind bläst, soll ich es heute wirklich wagen? Nach dem Duschen telefonieren ich kurz mit Richard. Ich will es heute alleine versuchen und gebe ihm frei. Ich melde mich per Funk bei den Marinamitarbeitern und bitte um ein Dinghy auf Standby zum Ablegen. Verständnisprobleme sorgen beim folgenden allerersten echten Einhand-Ablegen dafür, dass das externe Bugstrahlruder in Form des Dinghies meinen Bug in die Boxengasse bugsiert. Egal! Ich habe bei ca. 4 Beaufort abgelegt und hole die im Wasser treibende Heckleine ein.
Wie zuvor mit Richard drehe ich anschliessend im Vorhafen meine Runden, klariere die Heckleinen und täusche einige Anlegemanöver genau gegen den Wind (an die Mole) und einige male parallel zur eigenen Boxengasse an. Dann funke ich erneut mit der Marina. „Bitte wieder das Dinghy, ich komme zurück!“
Der Wind hat zwischenzeitlich etwas nachgelassen (2-3 bft) und der Marinero beschliesst für mich, dass ich das Dinghy nicht brauche und nimmt mir stattdessen lieber die Heckleinen ab. Ganz anders als eigentlich geplant, aber irgendwie auch sehr realistisch 😉. Ich bin total geflasht: Das hat wirklich gut geklappt, keine neuen Schrammen im eigenen Boot oder den Nachbarbooten, Alles gut!
Um die Mittagszeit (ich bastle inzwischen schon wieder am Boot) bin ich froh, dass Richard heute frei hat: Es herscht Flaute! Zum Glück habe ich mich schon heute morgen getraut abzulegen, was würde ich sonst jetzt mit dem fehlenden Wind hadern.
Ich bin nun gespannt, ob der Wind wie angekündigt morgen tatsächlich auf West dreht und wie es mit dem Coaching weitergeht. 2 Stunden würde ich denke ich schon noch gerne machen, jetzt wo der Coach schon mal da ist…
Wie ich bei Instagram ja fast schon überschwänglich verkündet hatte, wurde Zanzibar von der Werft auf Sizilien inzwischen ausgekrant, um die geplanten Arbeiten in Angriff zu nehmen (Saildrive-Manschetten, Ruderlager, Antifouling und Anoden). Aufgrund des Wetters und eines (wie auch immer gearteten) „Notfalls“ steht Zanzibar nun mit einer verkraftbaren Verspätung von 2 Tagen auf dem Werftgelände an Land. Leider klappte es seither dann doch wieder einmal nicht ganz so reibungslos wie erhofft: Die Werft rief an, um sich zu erkundigen, wo denn die Ruderlager seien, die man tauschen solle?
Ich war verwirrt und erklärte, dass diese doch wohl im Heck des Bootes an der Ruderwelle zu finden sein müssten. Die Werft aber meinte etwas anderes, nämlich wo im Boot ich denn die notwendigen Ersatzteile verstaut hätte, die man einbauen solle. Ich erklärte (immerhin einem passabel englischsprechenden Werftmitarbeiter), dass die Werft die entsprechenden Teile eigentlich hätte beschaffen sollen und das ich davon ausging, dass meine Anzahlung unter anderem dafür verwendet wird.
Nun denn, man wollte sehen, wo man die entsprechenden Teile nun kurzfristig herbekommt und sich dann wieder melden. Tat man natürlich nicht.
Als ich einige Tage später per eMail nachfragte, wurde mir vielsagend mitgeteilt, die Arbeiten seien auf einem guten Weg und man sei zuversichtlich, Zanzibar am 21. Februar wieder einkranen zu können. Ich hoffte sehr, dass das klappt. In weiser Voraussicht hatte zwar zwischen dem Werftaufenthalt und dem geplanten Einhandtraining Ende März einen Zeitpuffer für etwaige Verzögerungen eingeplant, aber so ganz entspannt war ich nun nicht mehr.
Als ich einige Tage später erneut nachfragte, hiess es, man käme gut voran, der zuständige Mechaniker sei nun aber leider krank und niemand sonst könne Saildrive und Ruder wieder einbauen oder das streichen des Antifoulings übernehmen (vorallem der letzte Punkt sorgt auf meiner Seite doch für Falten auf der Stirn). Nächste Woche solle es aber ganz bestimmt klappen…
Glücklicherweise fand der Saildrive dann doch noch den Weg zurück ins Boot und ausser dem Tausch der Saildrivemembran wurde (wie besprochen) auch der angerostete Metallring geschliffen und neu lackiert. Ein Lichtblick, wie schön!
In Bezug auf das Ruderlager teilte man mir mit, man hätte die Teile geprüft, sie seien noch in Ordnung 🤨. Man hätte daher nur die obere Abschlussmutter getauscht (im Bild schwarz). Ein Schelm, wer das Urteil über den Zustand des Ruderlagers mit der Ersatzteilsituation von oben in Verbindung bringt. Nun denn, ich hoffe inzwischen, dass durch den Tausch der Mutter, die Undichtigkeit am oberen Ruderlager der Vergangenheit angehört. Darüber war nach Annikas Badeorgien im Cockpit oder einfach bei Regen oder beim Boot waschen immer etwas Wasser in die Motorbilge gesickert. Vermutlich war dies der Grund für den Rost am Metallring des Saildrives.
Ich hoffe nun also, dass auch das Ruder bald wieder eingebaut wird und die „einfacheren“ Arbeiten „Antifouling“ und „Anoden“ nicht für weitere Verzögerungen sorgen. Der weitere Plan sieht vor, dass ich im März also wie angekündigt alleine mit einem Coach zum Boot fliege um Einhandhafenmanöver zu trainieren.
Der nächste Familienbesuch an Bord soll dann vor Pfingsten folgen. Dann soll es für uns von Südsizilien nach einem eventuellen Abstecher hinüber nach Malta in die Adria gehen. Ich bin mir dabei noch nicht ganz so sicher, ob ich meiner Familie mit der bisher angedachten Route, nicht vielleicht doch etwas viel zumute. Immerhin stehen in nur 2 Wochen rund 430 Seemeilen auf dem Plan. Abbrechen wird unterwegs kaum möglich sein. Wir haben den Rückflug aus Brindisi ebenso wie den Hafenplatz auf dem Zanzibar dann bis Mitte Juli stehen soll nämlich bereits gebucht. Im Zweifel heisst es da wohl „Augen zu und durch“.
Da bei der örtlichen Werft wie bereits erwähnt nur einen Kran-/Arbeitstermin Anfang Februar frei war, mussten wir improvisieren: Das Wohl unserer im Achterschiff verstauten Solarzellen und der Klimaanlage wollten wir nur ungern den Werftmitarbeitern anvertrauen. Diese müssen für die Arbeiten an Saildrive Manschette und Ruderlagern dort ohne Zweifel durch. Da wir ja gewissermassen gebrannte Kinder sind, fliege ich also am 27. November, je nach Zählweise mitten in der vierten bzw. fünften Corona Welle erneut nach Marina di Ragusa. Immerhin entkomme ich so den eisigen Temperaturen zuhause und am Flughafen ist es angenehm ruhig.
In Sizilien ist es gerade zwar rund 15 Grad wärmer als in der Schweiz, allerdings regnet es und wieder einmal ist Sturm angesagt: Böen über 50 Knoten am Montag! Da kommt es doch gerade recht, dass ich noch einmal die Heckleinen kontrollieren kann. Die Sicherheitskontrolle am Flughafen verläuft aufgrund meines ungewöhnlichen Handgepäcks unterhaltsam. In meinem Rucksack findet sich ein Stück PVC Plane (zum Abdichten von Leckagen), 30 Meter knallgelbe Schwimmleine und jede Menge Schräubchen, Bolzen, Muttern und andere Kleinteile. Verdächtig! Prompt werde ich zum Sprengstofftest gebeten. Dann aber geht es los. Doppel geimpft und negativ getestet (sowohl auf Sprengstoff als auch auf Covid).
Den Covid Test hatte ich “freiwillig” gemacht. Je nach Zielland gilt der Abflug-Flughagen in Basel aufgrund seiner speziellen geografischen Lage nämlich als französischer Abflugort. Aus Frankreich kommend und auch für Reisende, die sich in dem letzten 14 Tagen vor der Reise in Deutschland aufgehalten haben, gilt bei der Einreise nach Sizilien 2Gplus. Es ist also unabhängig vom Impfstatus ein negativer Test notwendig. Aus der Schweiz kommend gilt das aktuell noch nicht. Egal! Ich möchte potentiellen Problemen bei der Einreise bestmöglich aus dem Weg gehen. Vorauseilender Gehorsam sozusagen. Ein Test schadet aber ja nicht (auch wenn ich das höchste Infektionsrisiko der letzten Tage vermutlich in der überfüllten Teststation am Vorabend des Fluges hatte).
Nach der Landung geht es diesmal per Mietwagen zum Hafen. Das schien mir bei einem Aufenthalt von nur eineinhalb Tagen günstiger, als die üblichen Transfers. Am Montag Vormittag soll es nämlich bereits wieder zurück gehen. Es steht mir also ein stressiges Wochenende bevor…
Sonntag, 28.November 2021
Ich lebe aus dem Rucksack! Ich will am Ende meiner Stippvisite so wenig aufräumen müssen wie möglich.
Gegen halb sieben werde ich von kräftigen Windböen geweckt die unser Vorstag lautstark vibrieren lassen. Nach einem Instantkaffee mache ich mich an die Arbeit. Wie bereits in der Achterkoje möchte ich nun auch im Vorschiff mit Gurtbandbügeln eine Vorrichtung basteln, an der sich die Klimaanlage festzurren lässt. Die Solarzellen will ich statt auf den Matratzen der Achterkoje auf den Matratzen im Vorschiff deponieren. Auch sonst versuche ich die Achterkoje möglichst frei zu räumen. Der Durchgang zum Ruderquadranten (zum Wechsel der Ruderlager) ist eng genug. Glücklicherweise sind unsere Segel ja gerade beim Segelmacher. Stauraum haben wir also reichlich unter den verschiedenen Kojen.
Eigentlich möchte ich ausserdem einen Zusatzschalter am Ankerrelais anschliessen, um die Ankerwinsch bald auch vom Cockpit aus bedienen zu können (das wäre für den Einhandsegler in Spe ja nicht ganz unwichtig). Leider regnet es derart, dass ich mich auf die Vorarbeiten unter Deck (im Trockenen) beschränke. Der Rest muss warten. Nach einem asiatischen Instantnudelgericht zum Mittagessen 🤢 fehlt eigentlich nur noch das Umpacken der Solarzellen bevor ich zurück fliege. Ein wahrer Blitzbesuch. An Bord scheint es keine gröberen Probleme zu geben. Die Schiebelukgarage hält dich. Ebenso die Fenster (wobei wir die Fenster an Steuerbord, die wir bisher nicht mit neuen Dichtungen ausgestattet hatten im Frühjahr wohl in Angriff nehmen sollten).
Auch in der zweiten Nacht an Bord schlafe ich schlecht. Sollte ich den Wind im Oktober bereits für kräftig gehalten haben, werde ich nun belehrt: Es geht noch mehr! Ausserdem regnet es in Strömen, als ich frühmorgens das Landstromkabel einsammle und die Querleinen am Heck wieder anbringe. Heute Abend soll die Windgeschwindigkeit hier in Böen 58 Knoten erreichen.
Nach einer unspektakulären Autofahrt zum Flughafen warte ich aufs Boarding, bin gespannt wie turbulent der Rückflug wird und bin doch irgendwie froh, den weiteren Winter auf dem heimischen Sofa statt an Bord zu verbringen…
Nachdem die in Marina di Ragusa ansässige Werft immer nur sehr zögerlich auf meine Anfragen reagierte, habe ich das von dort ursprünglich erhaltene Angebot auf „das Nötigste“ zusammengestrichen und mich entschieden, den angedachten neuen Autopiloten im nächsten Jahr selbst einzubauen.
Um den zugehörigen Linearantrieb an der Ruderwelle von Zanzibar zu befestigen, braucht es eine so genannte Hilfpinne. Diese habe ich nach Messungen an Bord von Jefa in Dänemark anfertigen lassen. Sobald die Hilfpinne angebracht ist, möchte ich vor Ort ein Podest für den Antrieb des Autopiloten auf Mass fertigen und ins Heck des Bootes einlaminieren. So habe ich immerhin einen Grund im Frühjahr (bevor wir ungefähr um Pfingsten mit dem Boot weitersegeln wollen) erneut nach Italien zu fliegen um etwas am Boot zu werkeln.
Die Werft soll neben dem vorsorglichen Austausch der beiden Saildrivedichtungen (innen und aussen) einen Ölwechsel am Saildrive vornehmen und ebenfalls vorsorglich auch die beiden Ruderlager tauschen. Beides sind Arbeiten, für die Zanzibar aus dem Wasser gehoben werden muss und beides wären Arbeiten, die ich mir als do-it-yourself Jobs eher nicht zumuten will. Da das Boot also ohnehin gekrant wird, lassen wir im selben Aufwasch neues Antifouling streichen und neue Anoden anbringen. Beides könnte man natürlich leicht selbst übernehmen. Das würde allerdings bedeuten, dass wir wertvolle Urlaubstage auf einem staubigen Werftgelände statt auf See verbringen.
Da die Werft im Frühjahr aber offenbar bereits recht ausgebucht ist, soll Zanzibar nun bereits Anfang Februar gekrant werden. Das hätte ich mir bei einem geplanten Urlaubsstart Ende Mai eigentlich anders gewünscht. Naja, was soll’s. Von unserem Besuch im Oktober wissen wir, dass das Unterwasserschiff nach 2 unbewegten Monaten im Hafen kaum merklich Bewuchs zeigt. Ein Monat mehr, zumal mit dann neuem Antifouling, wird schon gehen. Unsere Solarzellen liegen allerdings recht ungeschützt im Achterschiff und auch die festgezurrte Klimaanlage versperrt den Weg zum Motorraum. Da müssen die Mechaniker zwangsläufig ran. Die Erfahrung lehrt uns, dass Werftmitarbeiter eher wenig zimperlich sind, wenn es darum geht einen einmal erteilten Auftrag (z.B. „Wechsel Saildrive Manschette“) auszuführen. Das Inventar kann dabei durchaus in Mitleidenschaft gezogen werden.
Ich will daher auf Nummer Sicher gehen und fliege deshalb ungeplant Ende November erneut für ein Wochenende zum Boot um die beiden fragilen Komponenten ins Vorschiff und somit weiter weg vom Ort des geplanten Geschehens zu verfrachten.
Anschliessend bleibt mir über den Winter nur zu hoffen, dass die Werft die Arbeiten sorgfältig und wie zugesagt termingerecht in 7-10 Tagen erledigt so dass Zanzibar dann Mitte Februar tatsächlich wieder an ihrem Liegeplatz vertäut auf neue Abenteuer (und eine für Ende März geplante Überraschung) wartet.