Kontrollbesuch beim Boot – Reisen mit 2G+

Da bei der örtlichen Werft wie bereits erwähnt nur einen Kran-/Arbeitstermin Anfang Februar frei war, mussten wir improvisieren: Das Wohl unserer im Achterschiff verstauten Solarzellen und der Klimaanlage wollten wir nur ungern den Werftmitarbeitern anvertrauen. Diese müssen für die Arbeiten an Saildrive Manschette und Ruderlagern dort ohne Zweifel durch. Da wir ja gewissermassen gebrannte Kinder sind, fliege ich also am 27. November, je nach Zählweise mitten in der vierten bzw. fünften Corona Welle erneut nach Marina di Ragusa. Immerhin entkomme ich so den eisigen Temperaturen zuhause und am Flughafen ist es angenehm ruhig. 

In Sizilien ist es gerade zwar rund 15 Grad wärmer als in der Schweiz, allerdings regnet es und wieder einmal ist Sturm angesagt: Böen über 50 Knoten am Montag! Da kommt es doch gerade recht, dass ich noch einmal die Heckleinen kontrollieren kann. Die Sicherheitskontrolle am Flughafen verläuft aufgrund meines ungewöhnlichen Handgepäcks unterhaltsam. In meinem Rucksack findet sich ein Stück PVC Plane (zum Abdichten von Leckagen), 30 Meter knallgelbe Schwimmleine und jede Menge Schräubchen, Bolzen,  Muttern und andere Kleinteile. Verdächtig! Prompt werde ich zum Sprengstofftest gebeten. Dann aber geht es los. Doppel geimpft und negativ getestet (sowohl auf Sprengstoff als auch auf Covid). 

Den Covid Test hatte ich “freiwillig” gemacht. Je nach Zielland gilt der Abflug-Flughagen in Basel aufgrund seiner speziellen geografischen Lage nämlich als französischer Abflugort. Aus Frankreich kommend und auch für Reisende, die sich in dem letzten 14 Tagen vor der Reise in Deutschland aufgehalten haben, gilt bei der Einreise nach Sizilien 2Gplus. Es ist also unabhängig vom Impfstatus ein negativer Test notwendig. Aus der Schweiz kommend gilt das aktuell noch nicht. Egal! Ich möchte potentiellen Problemen bei der Einreise bestmöglich aus dem Weg gehen. Vorauseilender Gehorsam sozusagen. Ein Test schadet aber ja nicht (auch wenn ich das höchste Infektionsrisiko der letzten Tage vermutlich in der überfüllten Teststation am Vorabend des Fluges hatte).

Nach der Landung geht es diesmal per Mietwagen zum Hafen. Das schien mir bei einem Aufenthalt von nur eineinhalb Tagen günstiger, als die üblichen Transfers. Am Montag Vormittag soll es nämlich bereits wieder zurück gehen. Es steht mir also ein stressiges Wochenende bevor…

So weit, so gut, es scheint alles dicht und trocken, allerdings hat es unter Deck nur 10°C. Brrr….

Sonntag, 28.November 2021

Ich lebe aus dem Rucksack! Ich will am Ende meiner Stippvisite so wenig aufräumen müssen wie möglich.

Gegen halb sieben werde ich von kräftigen Windböen geweckt die unser Vorstag lautstark vibrieren lassen. Nach einem Instantkaffee mache ich mich an die Arbeit. Wie bereits in der Achterkoje möchte ich nun auch im Vorschiff mit Gurtbandbügeln eine Vorrichtung basteln, an der sich die Klimaanlage festzurren lässt. Die Solarzellen will ich statt auf den Matratzen der Achterkoje auf den Matratzen im Vorschiff deponieren. Auch sonst versuche ich die Achterkoje möglichst frei zu räumen. Der Durchgang zum Ruderquadranten (zum Wechsel der Ruderlager) ist eng genug. Glücklicherweise sind unsere Segel ja gerade beim Segelmacher. Stauraum haben wir also reichlich unter den verschiedenen Kojen.

Eigentlich möchte ich ausserdem einen Zusatzschalter am Ankerrelais anschliessen, um die Ankerwinsch bald auch vom Cockpit aus bedienen zu können (das wäre für den Einhandsegler in Spe ja nicht ganz unwichtig). Leider regnet es derart, dass ich mich auf die Vorarbeiten unter Deck (im Trockenen) beschränke. Der Rest muss warten. Nach einem asiatischen Instantnudelgericht zum Mittagessen 🤢 fehlt eigentlich nur noch das Umpacken der Solarzellen bevor ich zurück fliege. Ein wahrer Blitzbesuch. An Bord scheint es keine gröberen Probleme zu geben. Die Schiebelukgarage hält dich. Ebenso die Fenster (wobei wir die Fenster an Steuerbord, die wir bisher nicht mit neuen Dichtungen ausgestattet hatten im Frühjahr wohl in Angriff nehmen sollten).

Ein echter “Junggesellen-Trip” 🤣

Auch in der zweiten Nacht an Bord schlafe ich schlecht. Sollte ich den Wind im Oktober bereits für kräftig gehalten haben, werde ich nun belehrt: Es geht noch mehr! Ausserdem regnet es in Strömen, als ich frühmorgens das Landstromkabel einsammle und die Querleinen am Heck wieder anbringe. Heute Abend soll die Windgeschwindigkeit hier in Böen 58 Knoten erreichen.

Nach einer unspektakulären Autofahrt zum Flughafen warte ich aufs Boarding, bin gespannt wie turbulent der Rückflug wird und bin doch irgendwie froh, den weiteren Winter auf dem heimischen Sofa statt an Bord zu verbringen…

Die Werft ziert sich? Dann macht’s der Eigner eben selbst…

Nachdem die in Marina di Ragusa ansässige Werft immer nur sehr zögerlich auf meine Anfragen reagierte, habe ich das von dort ursprünglich erhaltene Angebot auf „das Nötigste“ zusammengestrichen und mich entschieden, den angedachten neuen Autopiloten im nächsten Jahr selbst einzubauen.

Um den zugehörigen Linearantrieb an der Ruderwelle von Zanzibar zu befestigen, braucht es eine so genannte Hilfpinne. Diese habe ich nach Messungen an Bord von Jefa in Dänemark anfertigen lassen. Sobald die Hilfpinne angebracht ist, möchte ich vor Ort ein Podest für den Antrieb des Autopiloten auf Mass fertigen und ins Heck des Bootes einlaminieren. So habe ich immerhin einen Grund im Frühjahr (bevor wir ungefähr um Pfingsten mit dem Boot weitersegeln wollen) erneut nach Italien zu fliegen um etwas am Boot zu werkeln.

Die Werft soll neben dem vorsorglichen Austausch der beiden Saildrivedichtungen (innen und aussen) einen Ölwechsel am Saildrive vornehmen und ebenfalls vorsorglich auch die beiden Ruderlager tauschen. Beides sind Arbeiten, für die Zanzibar aus dem Wasser gehoben werden muss und beides wären Arbeiten, die ich mir als do-it-yourself Jobs eher nicht zumuten will. Da das Boot also ohnehin gekrant wird, lassen wir im selben Aufwasch neues Antifouling streichen und neue Anoden anbringen. Beides könnte man natürlich leicht selbst übernehmen. Das würde allerdings bedeuten, dass wir wertvolle Urlaubstage auf einem staubigen Werftgelände statt auf See verbringen.

Da die Werft im Frühjahr aber offenbar bereits recht ausgebucht ist, soll Zanzibar nun bereits Anfang Februar gekrant werden. Das hätte ich mir bei einem geplanten Urlaubsstart Ende Mai eigentlich anders gewünscht. Naja, was soll’s. Von unserem Besuch im Oktober wissen wir, dass das Unterwasserschiff nach 2 unbewegten Monaten im Hafen kaum merklich Bewuchs zeigt. Ein Monat mehr, zumal mit dann neuem Antifouling, wird schon gehen. Unsere Solarzellen liegen allerdings recht ungeschützt im Achterschiff und auch die festgezurrte Klimaanlage versperrt den Weg zum Motorraum. Da müssen die Mechaniker zwangsläufig ran. Die Erfahrung lehrt uns, dass Werftmitarbeiter eher wenig zimperlich sind, wenn es darum geht einen einmal erteilten Auftrag (z.B. „Wechsel Saildrive Manschette“) auszuführen. Das Inventar kann dabei durchaus in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ich will daher auf Nummer Sicher gehen und fliege deshalb ungeplant Ende November erneut für ein Wochenende zum Boot um die beiden fragilen Komponenten ins Vorschiff und somit weiter weg vom Ort des geplanten Geschehens zu verfrachten.

Anschliessend bleibt mir über den Winter nur zu hoffen, dass die Werft die Arbeiten sorgfältig und wie zugesagt termingerecht in 7-10 Tagen erledigt so dass Zanzibar dann Mitte Februar tatsächlich wieder an ihrem Liegeplatz vertäut auf neue Abenteuer (und eine für Ende März geplante Überraschung) wartet.

Das nächste Tief ist im Anmarsch – das Boot als schwimmende Ferienwohnung

Nach der ersten Enttäuschung darüber nicht abgelegt zu haben, geniesse ich es einige Tage mit meiner am Mittwoch angereisten Familie zu verbringen. Zum ersten mal seit der Geburt unserer Tochter war ich fünf Tage von ihr und meiner Frau getrennt. Ein ungewohntes Gefühl.

Wir verbringen die Tage am Strand und machen Ausflüge mit einem Mietwagen bzw. Leihfahrrädern. Der für Marina di Ragusa namensgebende Ort Ragusa, der etwas im Hinterland liegt, ist durchaus sehenswert. Ebenso, wie die jeweils auf einem Hügel gelegenen Orte Noto und das für seine Keramik- und Töpferkunst bekannte Caltagirone. An Land haben wir hier wirklich so viel gesehen, wie schon lange nicht mehr 😏.

Ragusa
Noto
Caltagirone

Gegen Ende des Urlaubs wird das Wetter dann wieder ungemütlich. Der Luftdruck fällt und prompt stehen wieder bis zu 40 Knoten Wind (diesmal aus SE) im Hafen. Diesmal haben sich gar die örtlichen Fischer aus Ihren sehr exponierten Fischereihäfen in der Nähe an die Mole des deutlich geschützteren Touristenhafen verholt. Erneut keine einladenden Bedingungen für einen Einhandanfänger wie mich. Trotzdem hadere ich noch immer mit mir und trauere dem verpassten Abenteuer etwas nach. Gerade, da ich ab Montag wieder im Büroalltag im Homeoffice feststecke.

Wir schlagen die Segel also wieder ab. Sie werden den Winter über eine Wellnessbehandlung beim örtlichen Segelmacher geniessen. Anschliessend machen wir eine französische Liveaboard Familie glücklich, die am selben Steg liegt und deren Heizung nicht funktioniert. Wie gut, dass wir den bei unserer Heizungsinstallation übriggebliebenen Zusatztank damals nicht entsorgt sondern bei den Ersatzteilen an Bord (seit Rom) mit uns herumgeschippert haben. Nach der Installation unseres Tanks wird im französischen Boot mit dem alten Diesel aus unserem Reservekanister jetzt jeden morgen kräftig geheizt um die Feuchtigkeit aus dem Boot zu bekommen. Wir sparen so gleichzeitig die Entsorgungsgebühr für unseren nicht mehr ganz vertrauenswürdigen Diesel. Zum Heizen taugt er noch 😉

Von den übrigen Liveaboards in der Marina werden wir eher geduldet als akzeptiert. So wirklich gehören wir mit unseren zweiwöchigen Urlaubsbesuchen an Bord ja auch nicht mehr dazu.

Als wir Sonntag Morgen um 6 Uhr dann von einem Fahrer, der uns zum Flughafen bringen soll an der Marina abgeholt werden, weht es wieder kräftig. Wir machen das Boot winterklar, stellen Entfeuchter auf, bringen zusätzliche Leinen aus, schliessen die Seeventile und kappen Strom und Gas. Dann geht es zurück ins Land- und Arbeitsleben.

Einhand nach Malta – Vom Winde verweht: Ich lege nicht ab

Erst kam die Einreisegenehmigung für den ursprünglich für Sonntag geplanten Schlag zur für mich so faszinierenden Insel nicht. Als diese dann für Dienstag endlich eintrudelt und auch der Hafenplatz in der Grand Harbour Marina reserviert ist, habe ich hier in Marina di Ragusa bereits einige Tage als Zuschauer des Hafenkinos hinter mir:

Pro Tag laufen, bei immer noch steifem Wind aus Nord-West nicht mehr als zwei Boote ein. Alle mit Crew (teilweise zusätzlich mit Bugstrahlruder). Fast alle davon haben trotz Dinghyunterstützung durch Hafenmitarbeiter mehr oder weniger grosse Probleme im böigen Wind einzuparken. Hier und da scheppert es und es gibt Macken im GFK der Boote. Von Sonntag auf Montag liege ich fast die ganze Nacht wach. Der Wind heult durchs Rigg. Morgens beim Aufstehen bin ich fast schon entschlossen, einfach hier im Hafen zu bleiben und nicht abzulegen. Und dann das: Um 8 Uhr herrscht im Hafen bei strahlendem Sonnenschein fast Flaute. Ich mache das Boot also segelklar. Beim Versuch den hinteren Wassertank aufzufüllen stelle ich fest, dass die Wasseranschlüsse am Steg nicht mehr funktionieren. Wintermodus! Wasser gibt es nur noch auf Nachfrage (dabei halte ich Frost hier für eher unwahrscheinlich). Als ich dann später am Tag verdutzt auch noch einen Marinamitarbeiter beobachte, der am Steg sämtliche Holeleinen der Moorings am Steg abknotet und ins Wasser wirft, um sie kurze Zeit später fein säuberlich aufgeschossen an den jeweiligen Bugkörben aufzuhängen, verstehe ich: Die meinen das mit dem Wintermodus wirklich ernst.

Einmal angelegt fährt hier vermutlich kaum noch einmal jemand aus dem sicheren Hafen zum Segeln raus ins herbstliche Mittelmeer. Und ich will morgen bei bis zu 30 Knoten aus Nordwest meine Einhandsegelpremiere mit Zanzibar feiern? Vermutlich eher keine so gute Idee. Vor dem Segeln ist mir nicht bange. Die Rettungsweste liegt bereit und vorsorglich habe ich statt der vorderen Reffleine des 1. Reffs das 3. eingeschoren (unser Einleinenreffsystem im Baum sieht vorne nur zwei statt der bei unserem Segel vorhandenen drei Reffs vor). Natürlich kann man bei 30 Knoten segeln. Erst recht wenn man den Wind wie ich beim geplanten Törn nach Malta eher von hinten hat. Das größere Problem wäre der Rückweg, denn die Wetterlage bleibt die nächsten Tage recht beständig. Das aktuelle Tiefdruckgebiet bewegt sicht nur langsam in Richtung Griechenland und bei Tunesien und Gibraltar warten schon die Nächsten. Ich müsste mindestens bis Sonntag auf Malta auf ein Wetterfenster warten. Dann blieben mir allerdings nur noch wenige Tage zusammen mit der Familie zum „Erholen“. Das Boot muss ja auch wieder eingemottet werden. Ausserdem müsste ich alleine auch immerhin vier Hafenmanöver fahren. Bei den Bedingungen die gerade herrschen, hätte ich am liebsten schon beim Ablegen ein Dinghy auf standby. Schweren Herzens entschliesse ich mich deshaln nichts zu erzwingen und hier zu bleiben. Wer schon beim Ablegen am Startort ein ungutes Gefühl hat, sollte vermutlich einfach im Hafen bleiben, schliesslich will ich keinen Bruch fabrizieren (auch wenn wir gut versichert sind ;-).

Ich hoffe es kommt vielleicht 2022 eine neue Chance nach Malta zu segeln. Einhand, mit Crew auf jeden Fall bitte einfach mit mehr Zeit um auf das passende Wetterfenster zu warten. Diesmal hat es wohl nicht sollen sein. Nun freue ich mich auf meine morgen hier eintreffende Familie und hoffe auf sonnige Tage und tolle Ausflüge an Land. Das Boot fungiert dabei als Ferienwohnung.

Ich bin um die Erkenntnis reicher, dass ich wohl eher bei 3-4 statt 6-7 Beaufort mit der Einhandsegelei im Mittelmeer beginnen sollte. Ich denke auch die schwierige Entscheidung im Zweifel eben nicht abzulegen, lässt mich als Skipper reifen (auch wenn ich mir den Ausflug nach Sizilien natürlich etwas anders vorgestellt hatte und entsprechend enttäuscht bin). Die besten Segler sterben an Land 😉

Einhand nach Malta – Funkstille weil Schiss nachdem die Clearance zur Einreise (am Dienstag statt Sonntag) doch noch kam…

Ich sitze unter Deck und lausche wie der Wind durchs Rigg pfeift. Ich habe echt Schiss, Angst vor der eigenen Courage. Soll ich bei solchen Bedingungen am Dienstag wirklich ablegen (Sonntag ging wegen fehlender Einreisegenehmigung nicht)? In Böen sind wieder bis 30 Knoten vorhergesagt. Windstärke 7, steifer Wind, soll ich wirklich? Ich habe Bedenken. Wie bereits einmal beschrieben weniger vor der offenen See, viel mehr vor den Hafenmanöver. Bereits der Gedanke an das Ablegemanöver im Ausgangshafen sorgt für mentalen Stress. In Lee von mir liegt ein Boot. Eigentlich gut, aber die Eigner sind an Bord 😬. Im Laufe des Sonntags kommt mir der Gedanke bei den stets freundlich grüßenden Niederländern einfach vor meiner Abreise freundlich zu fragen, ob Sie eventuell einen zusätzlichen Fender auf ihrer Luv-Seite ausbringen würden. Echt ne Menge Wind! Sogar die Palmen im Ort sind „aufgeriggt“. Andererseits sagt der port medic ja (nun endlich), ich solle am Dienstag kommen 😉. Auch mag ich mir gar nicht ausmalen wie frustriert ich Ende Oktober wieder im Büro sitzen würde, wenn ich hier ohne abzulegen im Hafen eine ruhige Kugel schieben und einfach auf die Ankunft meiner Familie warten würde.

Die Reffleinen habe ich jedenfalls heute morgen ins Grosssegel gebunden. Vielleicht sollte ich am Vorliek vorsichtshalber vom 1. aufs 3. Reff wechseln.

Einhand nach Malta – der zerknautschte Skipper und ein stinkendes Paket sind da. Das Boot ist abfahrbeit. Die Einreisegenehmigung lässt auf sich warten…

Nachdem ich am Freitag morgen (gefühlt: mitten in der Nacht) mit dem Taxi in Basel aufgebrochen bin, erreiche ich um kurz nach elf das Boot in Marina di Ragusa. Es bläst ordentlich. In Böen sicher 30 Knoten und das Meer sieht aufgewühlt und bedrohlich aus. Ich mache mich an die Arbeit und um kurz nach zwölf sind bereits Sprayhood , Bimini und Solarzellen montiert. Läuft! Könnte man meinen. Leider habe ich auf meine Bitte um “Clearance“ zur Einreise am Sonntag bisher keine Rückmeldung vom maltesischen Port Medic erhalten. Ohne diese darf ich aber keinesfalls in maltesische Gewässer einlaufen.

Wie mir die Marina per eMail mitteilte ist inzwischen auch mein Paket angekommen. Allerdings würde es komisch riechen und würde deshalb nicht im Büro sondern in einer Garage verwahrt. 🙄 Mir schwant schreckliches. Im Paket befinden sich neben allerlei Ersatzteilen (und neuen Flip Flops) auch Gelcoat inkl. Härter, Farbe und eine neue Dose Dieselzusatz. Worst case wäre also stinkendes Biozid im ganzen Paket verteilt. Und tatsächlich, schon als ich das Paket entgegennehme steigt mir der charakteristische Geruch in die Nase. Am Steg öffne ich das Paket (vorsichtshalber mit Einmalhandschuhen). Die Diesel-Zusatz Dose hat ein etwa 7 mm grosses Loch im Boden und ihr kompletter Inhalt wurde von Karton und Inhalt aufgesaugt. Sch…

In 2 Mülltüten sortiere ich: „Zu retten“ und „Gleich entsorgen“. Die gefriergetrocknete Nahrung fliegt sofort weg. Ebenso das Segel-Nähgarn und das Klebeband. Beim Sicherungshalter für den Gaswarner (auf unserem Erst-Boot war dieser ohne Sicherung eindrucksvoll abgefackelt), den Flip Flops und zwei Thermosbechern zögere ich. Nach und nach fliegt aber fast alles weg. Anschliessend verproviantiere ich. Gar nicht so einfach. Der nächstgelegene Supermarkt hat nur im Sommer geöffnet. Ich muss also die schweren Getränke und die Milch für den morgendlichen Kaffee Wohl oder Übel etwa 20 min die Promenade entlang schleppen. Immerhin lerne ich so den Ort etwas besser kennen. Alles hier wirkt völlig anders als im Sommer. Der Strand ist fast menschenleer und nur vereinzelt sind Surfer unterwegs.

Am Samstag vormittag herscht Windstille und ich beginne damit das Vorsegel anzuschlagen. Sofort werde ich vom Nachbarn schräg gegenüber gefragt ob ich Hilfe brauche (das wäre im Hochsommer sicher nicht passiert). Aber ich will es alleine versuchen. Schon bald ist das Vorsegel aufgezogen. Das Grosssegel ist etwas komplizierter. Lazybag und Unterliek des Segels wollen gemeinsam in die Nut auf dem Baum gezogen werden. Aber auch das gelingt. Jetzt sieht Zanzibar eigentlich schon ziemlich abfahrbereit aus.

Die Segellatten friemel ich am Nachmittag bei wieder deutlich mehr Wind ins Segel. Das ist alleine die bisher größte Herausforderung. Die Reffleinen vertage ich wegen des Windes auf den Sonntag. Denn noch immer habe ich keine Einreisegenehmigung für Malta erhalten. Für morgen sieht es also nicht allzu gut aus 😏. Ein Probelauf des Motors verläuft ebenso erfolgreich wie das „Vorkochen“. So ganz aufgeben will ich noch nicht. Aber inzwischen ziehe ich insgeheim durchaus in Betracht, dass es mit Malta schon wieder nicht klappen könnte. Als Alternativplan spiele ich inzwischen daher mit dem Gedanken eines Daysail von/nach Marina di Ragusa. Vielleicht wäre das als Start ins Einhandsegeln im Herbst ohnehin die weisere Entscheidung.

Einhand nach Malta – Anstehen für ein neues Covid Zertifikat, Abschluss der Baggerarbeiten, ein verschollenes Paket und Wetter, Wetter, Wetter…

Man hört und liest ja so allerhand über das Reisen in Zeiten von Corona. Zum Beispiel sollen manche Länder bei der Einreise-Kontrolle der Covid Zertifikate Probleme machen, wenn der dort aufgeführte Name nicht exakt mit dem Namen im Reisepass übereinstimmt. Von Malta oder Italien hatte ich diesbezüglich zwar noch nichts gelesen (und in Italien war ich mit meinem aktuellen Covid Zertifikat ja bereits im Sommer) aber ich will keinesfalls ein unnötiges Risiko eingehen:

So stehe ich einige Tage vor meiner Abreise nach Italien also erneut am Impfzentrum in Basel an, um ein neues Zertifikat zu erhalten. Auf diesem soll, anders als auf meinem ersten Zertifikat, auch mein zweiter (bisher unterschlagener) Vorname aufgeführt sein. Irgendwie ging das bei der Impfung selbst alles schneller: Die Schlange am Schalter scheint endlos und es geht nur langsam vorran, aber was solls… Immerhin kann ich das neue Zertifikat als ich dann endlich an der Reihe bin direkt in Empfang nehmen und muss nicht auf eine SMS oder eine eMail mit einem Downloadlink warten wie beim ersten Mal.

Anschliessend frage ich per eMail beim Hafen nach, ob die Baggerarbeiten denn wie geplant vorangehen und erwähne, dass ich mich auf ein Wiedersehen am kommenden Freitag freue. Man antwortet mir prompt: Die Baggerarbeiten seien inzwischen abgeschlossen und ich solle mich am Freitag einfach 1 Seemeile vor dem Hafen über VHF Kanal 74 ankündigen 🤨…

Immerhin, Ein- und Ausfahrt aus dem Hafen scheinen gerade rechtzeitig wieder „normal“ möglich. Da ich mit Flugzeug und Taxi zur Marina reise, kann ich mir die Ankündigung meiner Ankunft per VHF ziemlich sicher auch sparen 😀

Da der ÖPNV in Basel vor 5 Uhr morgens leider nicht ganz so flächendeckend funktioniert, hab ich ein Taxi bestellt, dass mich morgen in aller Herrgottsfrüh zum  Flughafen bringen soll.

Leider lässt mich die italienische Post grade etwas hängen und hat mein Ersatzteil- und Bootszubehör Paket bisher noch nicht zugestellt. Auf der entsprechenden Webseite wird als Sendungsstatus „In Zustellung“ angegeben, während DHL bereits seit gestern von „Nicht zustellbar“ spricht. Das wäre wirklich ärgerlich.

Was mir nun bleibt ist zu hoffen, dass das Segel anschlagen alleine keine allzugrosse Hürde darstellt. Ausserdem würde ich mir für mein erstes Einhand-Abenteuer im Mittelmeer schon etwas weniger Wind wünschen als gerade herscht:

Zwischen Sonntag und Dienstag hoffe ich auf ein passendes Wetterfenster für die Überfahrt nach Malta. Schau ma mal…

Einhand nach Malta – Vorbereitungen auf die Einreise-Prozedur und dann das: Hafensperrung

Wie bereits erwähnt, standen mir zwei der unzähligen potentiell in Malta zur Auswahl stehenden Marinas bereits vor dem eigentlichen Trip mit Rat und Tat zur Seite und beantworteten meine zahlreichen eMails mit Fragen zu den Einreisebestimmungen, benötigten Dokumenten, Formularen und vieles mehr.

Ich hatte mir im Vorfeld die Marina di Valletta (unter anderem wegen der Nähe zu der mich besonders interessierenden Altstadt Vallettas) und die Grand Harbour Marina ausgekuckt und beide einfach mal angeschrieben. Lustige Anekdote zwischendurch: Ich habe mich unter anderem auch deshalb für genau diese Marinas entschieden, weil beide einen (englischen) Namen tragen, den ich mir zutraue auch müde und/oder gestresst am Funkgerät noch fehlerfrei aussprechen zu können. Das wäre zum Beispiel bei der Msida & Ta’Xbiex Marina nicht unbedingt der Fall gewesen 😉

Vorallem die Grand Harbour Marina beeindruckte mich immer wieder mit kurzen Antwortzeiten und sehr hilfreichen Tipps zu meinem geplanten Trip. Ein Dinghy das beim Einparken hilft, soll hier ebenfalls kein Problem sein. Das klingt vielversprechend.

Nach der Vorbereitung des Bootes in Marina di Ragusa muss ich mich im Detail um folgende Formalitäten kümmern:

Per eMail muss ich 24h vor meiner geplanten Abfahrt nach Malta den so genannten „Port Medic“ kontaktieren, ihm mein Impfzertifikat (das befreit mich von der PCR Testpflicht bei der Einreise), meine Crewliste (die ist übersichtlich) und das „Maritime declaration of health“ Formular zusenden. Er wird mir dann (so hoffe ich) die Freigabe zur Einreise nach Malta erteilen, ohne die ich keinesfalls in die Hoheitsgewässer Maltas einlaufen darf.

Ganz schön strikte Bedingungen für eine Reise innerhalb von EU und Schengenraum, aber Corona sorgt wohl auch hier aktuell für eine höhere Komplexität und mehr Papierkram als sonst. Sobald ich die Freigabe zur Einreise dann habe, darf ich ablegen um 12 sm vor der maltesischen Küste „Valletta Port Control“ per Funk über mein Einlaufen in die Hoheitsgewässer zu informieren. Erneuter Funkkontakt soll dann an einer bestimmten Fahrwassertonne etwa 1 Seemeile vor dem Hafen erfolgen. Das alles wirkt sehr bürokratisch, aber einhand auf Sizilien (z.B. nach Licata) zu segeln wäre ja auch irgendwie langweilig gewesen. Wer Abenteuer sucht, bekommt auch Abenteuer 😉

Doch das Abenteuer wird noch grösser/spannender: Am Samstag den 25.09. kommt abends die Hiobsbotschaft (ausschliesslich auf italienisch) per eMail: Der Hafen informiert über Baggerarbeiten in der Hafeneinfahrt und eine damit einhergehende Sperrung zwischen dem 27.09. und dem 11.10.2021. Ich kann es nicht glauben: Ausgerechnet in unseren Herbstferien! Können die das nicht im Winter machen? Sofort kommen Bedenken auf, ob die Arbeiten wohl termingerecht abgeschlossen werden. Falls sich irgendetwas verzögert, sitze ich in Marina di Ragusa und kann den Hafen nicht verlassen…

Malta steht wohl auch diesmal auf wackligen Füßen.

Einhand nach Malta – klingt gut, oder???

Den Plan mit Zanzibar auch einmal alleine loszuziehen, hege ich schon länger. Jetzt bietet sich die Möglichkeit: Tatjana will mit Annika Freunde in Deutschland besuchen. Ich fliege am 08. Oktober zum Boot nach Italien. Mein Plan sieht vor, hier das Boot klar zu machen (ich bin gespannt wie es alleine klappt die beiden Segel anzuschlagen…) um dann bei passendem Wind nach Malta zu segeln. Dort will ich einige Tage verbringen und Valletta besichtigen. Anschliessend soll es nach Marina di Ragusa zurück gehen. Tatjana und Annika wollen etwa eine Woche nach mir zum Sonnetanken ebenfalls dorthin kommen um mich wieder in Empfang zu nehmen.

Immer wieder kommen aber Zweifel auf, ob mein kühner Plan im Herbst alleine los zu segeln tatsächlich so klug ist. Mit unserem Erstboot im schweizer Binnenrevier war ich schon oft alleine segeln, kein Problem! Irgendwie komme ich dort schon wieder in die Box im Heimathafen. Zur Not eben mit Hilfe der Scheuerleisten 😉

Aber mein Vorhaben hier ist eine andere Hausnummer: 54 Seemeilen über’s offene Meer. Rund 11 Stunden werde ich bei diesem Abenteuer auf mich alleine gestellt sein. Mir graut dabei weniger vor dem Segeln selbst. Das krieg ich hin. Vorausgesetzt es toben Mitte Oktober nicht bereits die ersten Herbststürme. Vielmehr graut mir vor etwaigen technischen Problemen mit dem Boot und vorallem den zwangsläufig anstehenden Hafenmanövern: Alleine hat man nunmal nur begrenzt Hände zur Verfügung und jeder Schritt will gut überlegt sein. Kommen dann Müdigkeit oder Erschöpfung dazu, kann durchaus auch mal etwas schief gehen. Ausserdem sträuben sich die Italiener üblicherweise ja, sich beim Anlegen zuerst um meine geliebte Luv-Heckleine zu kümmern. Wie das wohl auf Malta ist? Immerhin: Ein Sprachproblem sollte ich dort nicht haben, schliesslich ist Englisch eine der beiden Amtssprachen.

Auch die sich ständig ändernden Einreisebestimmungen durch COVID tragen nicht gerade zur Entspannung bei. Reicht mein Impfzertifikat oder wird zusätzlich ein negativer PCR Test erwartet? Entsprechende Anfragen bei Behörden und Tourismusverbänden werden entweder ignoriert oder mit wenig hilfreichen Standardantworten beantwortet. Immerhin, die beiden angeschriebenen Marinas reagieren prompt auf meine Anfragen und wollen mir bei meinem Unterfangen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Segeln mit Kleinkind – die nächste Challenge

Segeln mit einem weitgehend immobilen Säugling ist verhältnismässig einfach: Man sorgt für eine sichere Unterbringung des Kindes und los geht’s. Sobald die Kleinen dann jedoch anfangen zu Krabbeln oder Laufen wird das Unterfangen ungleich schwieriger. Aber auch für diese Herausforderung haben wir uns allerhand einfallen lassen um die Umgebung und den Aufenthalt an Bord für unseren Nachwuchs so angenehm wie möglich zu gestalten:

Zunächst haben wir 2020 ein Relingsnetz installiert.

Da unser Boot nicht über eine gelochte Fussreling verfügte und ich keine zusätzlichen Löcher bohren wollte, haben wir für die Netzunterkante einen zusätzlichen Relingsdraht gespannt (was uns ein Feature in der Zeitschrift Yacht einbrachte ;-))

Artikel in der Yacht 10/21

Ausserdem haben 2021 mit einem Kinder-Sicherheitsgurt/Lifebelt von Baltic und einem über eBay erstandenen Sea-Swing dafür gesorgt, dass Annika auch im Cockpit sicher ist. Vorallem bei An- und Ablegemanöver macht der Sitz der in die Winsch gesteckt wird einen riesen Unterschied. Annika kann jetzt im Cockpit genau sehen, was Mama und Papa da so treiben. Früher hatten wir sie für diese Manöver im Salon geparkt, was regelmässig mit Geschrei endete und unseren Stresslevel bei diesen Manövern nicht unwesentlich erhöhte:

Inzwischen setzen wir Annika vor dem Ablegemanöver in den Sea-Swing und stellen sie mit einem „Ablegekeks“ ruhig. Sobald wir aus dem Hafen raus sind wird sie mit dem Lifebelt an einer der Ösen im Cockpit eingeklickt und kann auf dem Schoss im Cockpit sitzen und Delfine oder Möwen beobachten.

Zusätzlich zum bewährten Autositz auf einer selbstgezimmerten Isofixhalterung hatten wir am Salontisch schon 2020 einen ansteckbaren Kindersitz. Dieser hat sich zum Essen durchaus bewährt (auch wenn wir beim nächsten Mal eine dunklere Stofffarbe wählen würden ;-)).

Eine Art quer zur Fahrtrichtung aufgespanntes „Lee“-Segel verhindert, dass Annika aus der Vorschiffskoje fällt.

Einzig ein klappbarer Minilaufstall (den ich extra an die eingeschränkten Platzverhältnisse an Bord angepasst hatte) hat sich an Bord als eher unpraktikabel erwiesen. Er flog quasi unbenutzt wieder raus (eine Hälfte haben wir vorerst als potentielles Schutzgitter für den Niedergang noch behalten).

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