Etappe 2020-7: Sorrento – Capri (17.3 sm)

Besonders freundlich war der Marinamitarbeiter der Marina Grande in Capri mit dem Tatjana mehrfach telefoniert hatte nicht. Offenbar hatte er keine Lust auf Touristen in kleinen (ausländischen) Booten. Wir buchten trotzdem den bisher teuerste Hafenplatz unserer Reise. Mit 180,- €/Nacht ist es hier mehr als doppelt so teuer wie in Monaco (was nicht wirklich gerechtfertigt ist, wie sich noch zeigte). Aber wir sind vermutlich ja nur einmal in der Gegend und wollen natürlich die touristischen Highlights soweit dieses Jahr möglich auch mitnehmen.

Da der gebuchte Hafenplatz erst ab 15:30 Uhr angelaufen werden darf, legen wir erst gegen Mittag in Sorrent ab und erleben einen schönen Segeltag mit 12-18 Knoten Wind aus südlichen Richtungen. Nachdem wir ein Problem mit der sich mitdrehenden Vorsegelrollanlage provisorisch gelöst haben, kreuzen wir Richtung Capri und legen ingesamt 17.4 Seemeilen zurück.

Vor dem Hafen müssen wir dann in starkem Fährverkehr lange warten, bis auf unsere Funksprüche reagiert wird und wir endlich in die Marina einfahren dürfen. Knapp vor dem wackligen Schwimmsteg wird uns zugerufen, dass wir längsseits anlegen werden. Also alle Fender eine Etage tiefer und im engen Hafen einmal gegen den Radeffekt gedreht.

Strom und Wasser kosten hier extra. Das wussten wir vorher. Allerdings schockiert es mich schon, wenn trotz ausreichendem Guthaben (der auf dem Magnetschlüssel verbliebene Rest wird bei Abreise ausdrücklich nicht zurück bezahlt) morgens um 6 Uhr der Landstrom ausfällt und der Kühlschrank durch die Batteriebank betrieben wird. Es passt aber irgendwie ins Gesamtbild der Marina. Genau wie der Bauscheinwerfer, der Abends unser Cockpit und den Steg hell erleuchtet und das WLAN, das grade “defekt” ist.

Immerhin soll es hier einen Shipchandler geben bei dem ich vermutlich einige Schrauben und neue Reffleinen bekommen sollte.

Da wir die örtliche Seilbahn (Funicolare), die einen vom Hafen in den Hauptort der Insel bringt und doch sehr an einen (geschlossenen) Zug erinnert in Zeiten von Corona nicht nutzen wollen, planen wir für den als bedeckt angekündigten Vormittag unseren Aufstieg zu Fuss.

Das Hafenkino hier ist spektakulär: Frühmorgens kann ich den Captain von Irisha der grössten Motoryacht die in der Marina liegt bestaunen, wie er beim Ablegen mit viel Getöse und zahlreichen Helfern seinen Koloss zwischen den engen Stegen manövriert.

Der auf dem Hügel gelegene Ort ist trotz der vielen Nobelboutiquen sehenswert und entschädigt uns unter anderem mit dem Giardini di Augusto für den Aufstieg zu Fuss.

Der Brüller kommt am Nachmittag, als mir ein Marinero eröffnet, wir müssten bei böigem Wind um 20 Knoten und schlafendem Kind im Vorschiff den Platz wechseln, es käme ein größeres Boot. Wir müssten einen Steg weiter (wir hatten neben dem geplanten Sightseeing unter anderem deshalb extra zwei teure Nächte in Capri gebucht um den angekündigten stärkeren böigen Wind im Hafen abzuwarten und eben nicht unterwegs zu sein bzw. anlegen zu müssen). Es passt aber alles in unser Gesamtbild der Marina Grande di Capri: Überteuert, unfreundlich, überbewertet. Hier kommen wir bestimmt kein zweites Mal vorbei.

Ich habe daher alle Register gezogen und die aufgebrachte Bordfrau und Mutter zum Marinabüro an den Verhandlungstisch geschickt. Alles kein Problem, wir können selbstverständlich bleiben. Die Retourkutsche folgt jedoch prompt, wir werden bei auflandigem Wind zugeparkt. Am Heck nach knapp 1 m der Steg, vorne nun einen knappen Meter vor unserem Anker das GFK Heck des neuen Nachbars. Wir haben daher schon am Vorabend unseres Ablegens beschlossen, auf Hilfe durch ein Dinghy des Hafens beim Ablegemanöver zu bestehen. Ich habe schlicht keine Lust beim Versuch in die Achterspring einzudampfen unser oder das andere Boot zu beschädigen…

Etappe 2020-6: Neapel – Sorrento (15 sm)

Da die heutige Etappe von Neapel nach Sorrent mit knapp 15 Seemeilen recht kurz war, haben wir uns zu Beginn beim vorherschenden leichten Wind aus Süd entschieden auf den Einsatz des Motors komplett zu verzichten und sind mit 3 Knoten und himmlischer Ruhe an Bord unter Genua unserem heutigen Etappenziel am anderen Ende des Golf von Neapel entgegen gesegelt. Das Grosssegel wollen wir erst nach dem Ersatz der schwergängigen Reffleinen nutzen und sind bis dahin mit reduzierter Segelfläche unterwegs. Trotzdem blieben die Fender hängen. Hätte mir das mal einer erzählt bevor ich Papa wurde. Unmöglich: Unter Segeln mit hängenden Fendern. Tststs…

Bei einem SOG von nur noch 1.5 Knoten war die Geduld des Skipper nach etwa einer halben Stunde jedoch erschöpft und der Motor wurde wieder eingekuppelt, was uns zu einer Geschwindigkeit von rund 3.5 Knoten verhalf.

Trotzdem gibt es von unterwegs Erfreuliches zu berichten: Die Mastkletteraktion in Ischia scheint zusammen mit einem kurzen Gewitter gestern Abend tatsächlich Erfolg gehabt zu haben. Jedenfalls funktioniert unsere elektronische Windrichtungsanzeige seit heute morgen wieder.

Gegen Ende der Etappe konnten wir dem Motor erneut eine Pause gönnen und unter Genua wieder etwas segeln

Nach der Besichtigung des malerischen Städtchens Sorrent, wollen wir von dort, falls möglich morgen einen Abstecher zur Insel Capri machen, bevor wir die Amalfiküste erkunden. Anschliessend sollen uns einige längere Etappen weiter nach Süden, nach Kalabrien und den bereits zu Sizilien gehörenden Liparischen Inseln bringen.

In beiden Regionen muss man sich in Zeiten von Corona voranmelden. Ich bin gespannt, ob wir mit den (natürlich) italienischen Formularen zurecht kommen und ob jemand diese dann auch sehen will. Unsere bei der Einreise nach Italien ausgefüllte Selbstdeklaration wollte am Grenzübergang in Como nämlich niemand sehen und auch sonst scheinen die Coronaregeln im Süden Italiens meist eher locker ausgelegt.

Etappe 2020-5: Ischia – Neapel/St. Lucia (21 sm)

Die heutige 21 Seemeilen lange Etappe (inkl. Schlenker im Starthafen um einer einfahrenden Fähre aus dem Weg zu gehen) bot nur kurz nach dem Ablegen etwas Wind.

Als wir in den stark befahrenen Canale di Procida an der namensgebenden Insel vorbei und hinein in die Bucht von Neapel abbogen, schlief der Wind leider wieder vollständig ein und wir motorten der drittgrößten Stadt Italiens und dem Vesuv entgegen.

Dem netten Hafenmeister auf Ischia und Tatjanas besserwerdenden Italienischkenntnissen sei dank, liegen wir hier sehr zentral und bei Barzahlung preiswerter als befürchtet in Porticciolo di Santa Lucia am Fuße des Castel dell’ Ovo.

Speziell: Unser Schwimmsteg hat keinerlei “Landanschluss” sondern kann ausschliesslich mit dem Boot erreicht werden. Ein Taxibootservice des Hafens bringt einen auf Nachfrage per Stegtelefon kostenlos auf die andere Seite der Marina, von wo aus man in die Stadt laufen kann.

Nach einem frühen Abendessen am Ankunftstag erkundeten wir noch am Abend die Promenade. Am nächsten Morgen gingen wir vor der Mittagshitze auf Erkundungstour durch die neapolitanischen Altstadt und stockten auf dem Rückweg zum Boot unsere Vorräte etwas auf.

Etappe 2020-4: Ponza – Ischia (78.7 oder doch eher 45 sm???)

Bereits eine halbe Stunde nach dem erneut sehr frühen Ablegen vom Schwimmsteg in Ponza kam heute etwas Wind auf und wir konnten unter Motor und Genua unserem heutigen Etappenziels Ischia entgegen motorsegeln.

Aufgrund der in der Region aufgerufenen Liegeplatzpreise und der Tatsache, dass wir Annika abends gerne etwas Auslauf gönnen wollen, haben wir uns erneut für einen langen Schlag (~45 sm) direkt in die Region Kampanien entschieden, statt unterwegs, wie ursprünglich eigentlich angedacht auf Ventotene einen (ankernden) Zwischenstopp einzulegen. Da wir mit Zanzibar noch nie über Nacht geankert haben, würde ich beim ersten Mal gerne eine Ankerwache halten wollen, was mit unserem derzeitigen Schlafrhythmus ebenfalls nur schwer zu vereinbaren scheint.

Die Imbissbude, die ich anschliessend olfaktorisch wahrzunehmen glaubte, entpuppte sich kurze Zeit später als noch nicht geputzter Heckkorbgrill vom Vorabend, der nun in Luv des Steuerstandes lag und von dem in der Morgensonne ein leckerer Bratwurstduft herüberwehte…

Ab etwa halber Strecke hatten wir dann jedoch leider erneut derart wenig Wind, dass wir sogar einen Pizzateig für den Abend vorbereiten und Auberginen als Pizzabelag braten konnten. Ausserdem hat die Bordfrau Wäsche gewaschen, bevor wir um die Mittagszeit mit der ersten Delfinbegegnung des Jahres für unser Durchhaltevermögen in der Flaute belohnt wurden. Leider waren Flipper und seine Kumpels nicht in Spiellaune und verschwanden so plötzlich wieder, wie sie gekommen waren.

Am Ende der Etappe wurde es dann aber nochmal spannend: Nicht nur wegen der böigen Fallwinde beim Anlegen in der an den Hügeln gelegenen Marina Cala degli Aragonesi, sondern auch, durch kurz zuvor auftretende GPS Probleme beim Navigieren entlang der mit Untiefen übersäten Küste Ischias.

Immer wieder sprang die angezeigte Bootsposition hin und her und lag teilweile mehrere Seemeilen nordwestlich unserer echten Position. Ich ging zunächst von einem Problem mit dem zur Navigation verwendeten iPad bzw. der Navionics-App aus, habe aber nach unserer Ankunft festgestellt, dass auch unser AIS Track die beobachteten Unregelmäßigkeiten zeigt (das AIS wird über einen eigenen/unabhängigen GPS Empfänger gespeist). Mir hat dieses Erlebnis jedenfalls eindrucksvoll gezeigt, wie schwierig es ist, beim Ausfall dieser heutzutage oft verwendeten elektronischen Helferlein den Überblick zu behalten (auch wenn eine elektronische Seekarte natürlich ohnehin nie alleiniges Navigationsmittel sein sollte).

Auch unser beim motoren viel benutzter Autopilot macht Zicken: Er lässt sich, wenn der Skipper die Hafeneinfahrt am Ende einer Etappe selbst steuern möchte, nicht so ohne weiteres ausschalten und hängt fest. Erst ein von einem schrecklichen knarzenden Geräusch begleitetes hartes Ruderlegen gibt das Steuerrad wieder frei. Diesem Phänomen werde ich wohl zeitnah mit der Werkzeugkiste zu Leibe rücken.

Navionics App auf dem iPad
AIS Track

Die beschriebenen GPS Eskapaden sorgten für eine wahnwitzige (scheinbare) Etappenlänge von über 78 Seemeilen und ebenso abstruse Höchstgeschwindigkeiten.

Zum Abendessen gab es selbstgebackene Pizza, bevor wir müde in die Kojen sanken.

Am Erholungs/Hafentag auf Ischia ging es zunächst in den Mast hoch um den Geber der elektronische Windfahne mit WD40 zu behandeln. Leider wohl nur mit mäßigem Erfolg, aber noch hoffe ich, dass das Wundermittelchen dort oben an die richtigen Stellen kriecht und vielleicht eine starke Windböe mithilft den schwergängigen Geber zu lösen.

Immerhin konnte ich von oben ein eindrucksvolles Bild von Zanzibar schiessen:

Nachmittags haben wir die fussläufig zu erreichende Umgebung erkundet und im Hafenbüro um einen Anruf in der Marina in Neapel gebeten, da unsere Navily Anfrage leider unbeantwortet blieb. Telefonisch wurde uns ein Liegeplatz in der Marina Santa Lucia zugesagt. Ich bin gespannt, ob das wirklich klappt und wir die nächsten beiden Nächte tatsächlich im Herzen Neapels verbringen können.

Etappe 2020-3: Anzio – Ponza (41.7 sm)

Leider liess der für heute angekündigte Wind zunächst auf sich warten und wir motorten nach dem Ablegen um 6:30 Uhr in Anzio die ersten Stunden in Richtung Ponza. Highlight des Morgens war ausser dem noch schlafenden Kind im Vorschiff ein Schwarm Sardinen, der durch Luftsprünge versuchte seinen Jägern zu entkommen.

In Ponza haben wir über Navily einen exclusiven (oder zumindest sehr teuren) Liegeplatz gebucht. Satte 143,- € werden hier pro Nacht für unsere 34 Fuß fällig. Im Vergleich zu den Preisen hier, war selbst Monaco ein Schnäppchen. Das wird uns auf unserem weiteren Weg durch die Bucht von Neapel und die Amalfiküste entlang wohl noch häufiger so gehen. Als ich gestern nämlich zentrale Anlegemöglichkeiten in Neapel evaluiert habe, von denen aus man die Stadt zu Fuss erkunden kann (Corona Vorsichtsmassnahme Nr. 1: Wenn irgendwie möglich keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen), stiess ich doch tatsächlich auf eine Marina, die mehr als 200 € pro Nacht für unsere 10 m Yacht aufruft…

Auch am Nachmittag hatten wir statt mit den Naturgewalten eher mit einem übermüdeten und quengeligen Kleinkind zu kämpfen 😞 bevor wir nach einer Rekordetappe von 41.7 Seemeilen für die Bord-Gynäkologin standesgemäß am Pontile Porzio festmachten.

Der fehlende Fender hängt an unserer Backbordseite bei einem besorgten Motorbootfahrer

Einem Schwimmsteg entsprechend liegen wir hier ziemlich dem Schwell ausgesetzt und entsprechend unruhig. Dafür ist Ponza sehr malerisch und unsere Tochter hat nach unserer Ankunft das (aller)erste Mal im Meer gebadet 🌊.

Neben uns am Steg schien ein äusserst wichtiger Bootseigner zu liegen. „Marco“ wurde von alle (auch anderen Eignern) derart unterwürfig hofiert, dass wir zu dem Schluss kamen, dass es sich entweder um den örtlichen Bürgermeister oder einen Mafiaboss handeln muss 😅.

Zum in diesem Jahr allgegenwärtigen Thema Corona: Das Bewusstsein der Italiener für das aktuelle infektiologische Geschehen scheint (wie so vieles anderes) einem Nord-Süd Gefälle zu unterliegen: Während die offiziellen Regeln in Ostia/Rom noch recht gut befolgt wurden und bei meinem Baumarktbesuch am Eingang sogar meine Körpertemperatur gemessen wurde, trägt hier ausser den Kellnern in den Restaurants und einigen wenigen anderen, so gut wie niemand eine Maske. Auch die Abstandsregeln werden eher lasch interpretiert. Erstaunlich, dass die Anzahl der Neuinfektionen in Italien derzeit auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegen…

Auch sonst spüren wir Corona an allen Ecken und Enden. Um uns sicherer zu fühlen, halten wir uns an einige selbstauferlegte Regeln:

  1. Wir haben deutlich mehr Lebensmittel mitgebracht als in früheren Jahren um Supermarktbesuche auf ein Minimum zu beschränken. Frische Lebensmittel müssen wir natürlich hier vor Ort kaufen. Wenn wir einkaufen gehen, geht nur ein Elternteil (mit Maske) in den Supermarkt. Annika, die noch keine Maske tragen kann, kommt nicht mit.
  2. Wenn möglich verzichten wir auf die Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das teure Taxi vom Flughafen in Rom zurück zur Marina war hier eine für uns unvermeidbare Ausnahme.
  3. Wir verzichten auf den Besuch der üblichen überfüllten Touristenhotspots.
  4. Wir verzichten bisher auf Restaurantbesuche und kochen selbst (ein Restaurantbesuch wäre mit Annika vermutlich ohnehin recht anstrengend).
  5. Wir duschen an Bord und nutzen die sanitären Einrichtungen in den Häfen nicht. Das ist etwas mehr Aufwand, erscheint uns aber derzeit angebracht.
  6. Wir versuchen Abstand zu halten. Das entpuppt sich in der italienischen Kultur aber als schwieriger als gedacht.

Den oben aufgeführten Regeln fällt zum Beispiel ein geplanter Besuch bei den Ruinen von Pompeji zum Opfer: Gerne hätten wir die Überreste dieser antiken römischen Stadt besichtigt. Da sie aber etwas im Hinterland und nicht direkt an der Küste liegt, wäre sie nur per Taxi oder ÖPNV zu erreichen gewesen. Wir haben uns daher entschieden, den Besuch auf „später“ zu vertagen.

Stattdessen wollen wir, wenn möglich Neapel (draussen und möglichst abseits der Touristenmassen) besichtigen, auch wenn die Marina, die in Laufdistanz zur Altstadt liegt natürlich sehr teuer ist.

Trotz dieser Einschränkungen sind wir froh, dass ein Segelurlaub in Italien dieses Jahr überhaupt möglich ist. Noch vor wenigen Monaten war dies eigentlich undenkbar.

Etappe 2020-2: Lido di Ostia – Anzio (31.3 sm)

Mit leichten Winden direkt auf die Nase sind wir heute von Lido di Ostia nach Anzio motort. Mit einem Kleinkind an Bord, das permanent beschäftigt werden will, war das ein völlig anderes Erlebnis als im letzten Jahr. 

Noch etwas soll dieses Jahr anders laufen: Auf eine Auseinandersetzung mit dem Teppichmesser und kräftigen Schwell im Hafen von Anzio würde ich diesmal gerne verzichten… Allerdings liegen wir auch jetzt wieder bei (moderatem) Wind aus mehr oder weniger südlichen Richtungen in Anzio. Über Schwell im Hafen dürfen wir uns diesmal also nicht beschweren.

Immerhin, der Motor läuft bisher problemlos. Allerdings haben wir unterwegs festgestellt, dass der elektronische Windrichtungsanzeiger nicht mehr. Irgendwas ist immer…

Vom Hafen von Anzio aus, kann man am Horizont bereits die Insel Ponza erkennen, die unser nächste Etappenziel werden soll. Aufgrund der Länge der anstehenden Etappe (rund 40 Seemeilen) und auffrischenden Winden gegen Nachmittag wollen wir morgen so früh wie möglich aufbrechen.

Nachtrag: Was wir gestern aus Anzio am Horizont für Ponza gehalten hatten, entpuppte sich am nächsten Tag dann doch als Capo Circeo auf dem Festland 🤪

Boatwork und Geplänkel mit der Werft in Lido di Ostia (21.07. – 25.07.2020)

Nachdem wir gleich am Tag unserer Ankunft im Hafen noch das neue Biminigestänge und die Sprayhood montiert hatten, haben wir an Tag 2 den Stoffteil des Biminis zum Sattler gebracht, der eine Aussparung für unseren Radarmast am Heck einfügen soll. (Reissverschluss heisst auf italienisch übrigens „cerniera“).

Ausserdem haben wir die Lazybags angebracht und das Grosssegel „fast” komplett angeschlagen. Die Segellatten und Reffleinen wollen wir aufgrund von gut 20 Knoten Wind im Hafen erst morgen anbringen.

Auch hier warten wir wieder auf die Werft, die Ausbesserungen an hingeschluderten Winterjobs versprochen hat. Immerhin wurde beim Ölwechsel diesmal die richtige Menge Motoröl eingefüllt. Die Werftmitarbeiter, die wir bisher kennengelernt haben, sind einfach nie mit dem selben Qualitätsanspruch ausgestattet, wie die, zugegeben kritischen, Eigner.

So wurde beim Motorservice hinter dem Motorblock Wischpapier zurück gelassen. Ein Detail, ich weiss, ich habe es entfernt, trotzdem lässt mich dieser Fund an der Sorgfalt der Werft bei den anderen durchgeführten Arbeiten zweifeln.

Beim Einkranen drückten die Krangurte derart gegen unsere Wanten, dass die Steuerbordssaling nun merklich mehr Spiel hat, als ihr Pendant an Backbord. Ich habe deshalb auf eine Kontrolle durch einen Rigger bestanden.

Das Ausbessern einer Gelcoatmacke (aus Genua) wurde erst vergessen, dann wurde eher notdürftig zugeschmiert, und beim Nachbessern dann mit Grünweiss statt Reinweiss beilackiert. O-Ton Lackierer: “It is the same color. It is just new and the rest of the boat is 20 years old.” Ziemlich dreist, mir einen Farbunterschied, den man bereits vom Steg aus erkennen kann so zu verkaufen. Immerhin hat der herbeigerufene Chef dann sein Farbmessgerät gleich wieder eingepackt und mir zugestimmt. Es war einfach offensichtlich. Am selben Abend wurde noch in der richtigen Farbe nachlackiert.

Auch unser Steckschot aus Plexiglas ging einem unachtsamen Werftmitarbeiter im Winterlager wohl kaputt. Kein Problem, man hat es ersetzt. Der angefertigte Ersatz ist aber so dünn, dass man unsere Wohnungstür von aussen nun ohne grossen Kraftaufwand aus seiner Halterung drücken kann. Auch funktioniert das Schloss nicht mehr richtig. Bei jeden Schliessvorgang hat man Bedenken den Schlüssel abzubrechen. Das eigentliche Problem mit dem Steckschot für mich ist aber, dass man uns nicht über den Tausch informiert hat. Man hatte wohl gehofft, wir würden es nicht (oder erst später) merken. Ich bin gespannt, ob erneuter Ersatz (inkl. neuem Schloss) noch vor unserer Abreise beschafft werden kann, denn, wie mir die Werft erklärte, sind plexiglasverarbeitende Betriebe in Zeiten von Corona stark ausgelastet. Das glaube ich sofort.

Bisher machen wir also quasi Erlebnisurlaub an Bord von Zanzibar. Und das bereits vor dem ersten Ablegen.

Die Schlagzahl ist auch sonst eindeutig höher als letztes Jahr als wir einen ganzen Monat Zeit hatten um das Boot segelklar zu machen. Dafür sind die Temperaturen erträglich und es herscht deutlich mehr Wind. Ich bin gespannt wie wir als Familiencrew mit diesen Bedingungen zurecht kommen…

Auch das Beaufsichtigen von Annika ist dieses Jahr deutlich zeitintensiver. Während sie im letzten Jahr in Ihrem Bettchen oder Kinderwagenoberteil mehr oder weniger friedlich einfach da lag, ist nun ein Elternteil permanent damit beschäftigt, Annika hinterherzurennen und ihr nichtkindersichere Bootsutensilien und Werkzeuge aus der Hand zu nehmen. Trotzdem haben wir es geschafft zum Mittagessen an Hafentag 2 ein frisches Brot zu backen:

Am dritten Tag haben wir früh morgens vor Auffrischen des Windes die Reffleinen und Segellatten am Grosssegel angebracht und das Bimini vom Sattler geholt. Passt alles, Gott sei Dank!

In einer Windpause am Nachmittag haben wir die Genua angeschlagen und mit der Installation des Relingsnetzes begonnen…

Ausserdem konnte tatsächlich der örtliche Shipchandler mit einer neuen Campingaz Flasche für unseren Herd/Ofen weiterhelfen. Wieder können wichtige Punkte von der To-Do Liste gestrichen werden.

Nach einem Baumarkt- und Supermarktbesuch habe ich an Tag 4 dann unser Auto am nahen Flughafen auf einem Langzeitparklatz geparkt und eine überteuerte Taxifahrt (die 48,- Euro; verbuche ich als Coronaaufbauhilfe) zurück zur Marina genossen…

Ausserdem gab es Fortschritte beim Steckschot und beim Relingsnetz. Beide Projekte sollten vor der Zielgeraden sein, in die wir morgen an unserem letzten Hafentag in Ostia einbiegen wollen…

Langweilig wird uns hier bis zum Ablegen ganz bestimmt nicht.

Etappe 30 (bzw. 2020-1): Boatservice Shipyard – Porto di Roma (2 nm)

Nachdem wir gestern nach einer fast 14 stündigen Autofahrt quer durch die Schweiz und Italien endlich am Boot ankamen, wurde selbiges am Nachmittag noch in den Tiber gekrant. Heute haben wir uns nach einer schaukeligen (aber kostenlosen) Nacht am Steg der Werft dann in die uns wohl bekannte und nur knapp 2 Seemeilen entfernte Marina „Porto Turistico di Roma“ verholt.

Hier wollen wir einige Tage verbringen um das Boot segelklar zu machen, bevor wir uns mit Kurs Süd auf den weiteren Weg um den Stiefel machen.

Unter anderem steht die Montage des Biminis, das Anbringen eines Relingsnetzes sowie das Anschlagen der Segel ganz oben auf unserer fast endlosen To-Do Liste.

Wieviel Dolce Vita ist im Zeitalter von Corona möglich?

Nachdem die Nervosität in den letzten Wochen bei jedem Kratzen im Hals oder Räusperer stetig stiegt und Sorgen aufkamen Corona könnten die Fortsetzung unseres Trips doch noch gefährden, geht es heute tatsächlich wieder los in Richtung Italien. Wir wollen abends gegen 22 Uhr in Basel „ablegen“ und sollten nach etwa zwölfstündiger Fahrt (zzgl. Pausen) in Lido di Ostia ankommen.

Hier ist für Montag Nachmittag die Einwasserung von Zanzibar geplant. Anschliessend haben wir vor, die erste Nacht am Werftsteg im Tiber zu verbringen bevor wir uns am Dienstag in den nahen Porto Turistico di Roma verholen wollen.

Dort stehen einige wichtige Arbeiten an, bevor wir unseren Trip fortsetzen: Ein Relingsnetz soll ebenso wie das neu angeschaffte Bimini montiert werden (letzteres kollidiert hoffentlich nicht mit unserem Radarmast am Heck). Ausserdem müssen die Segel angeschlagen und einen neue Campingaz Flasche besorgt werden. Gegen Ende der Woche wollen wir unser Auto dann auf einen Langzeitparkplatz am Flughafen Fiumicino bringen und mit Kurs Süd ablegen.

Wieviel Dolce Vita in Zeiten von Corona tatsächlich möglich ist, muss sich dann allerdings erst zeigen.

Wir bringen jedenfalls allerlei Lebensmittel von zu Hause mit, um Supermarktbesuche möglichst auf ein Minimum zu beschränken. Restaurantbesuche fallen aus infektiologischen Gesichtspunkten vorerst wohl auch eher flach und wir gehen inzwischen leider derzeit davon aus, dass wir Neapel lediglich von See aus besichtigen und nicht zu Fuß als Touristen erkunden werden.

Auch FFP3 Masken und Einmalhandschuhe finden sich nun plötzlich in unserem Bootsgepäck wieder.

Keine idealen Voraussetzungen für einen unbeschwerten Urlaub. Man wird sehen…

Drei weitere Wochen Daumen drücken

Die Vorbereitungen gehen weiter: Nachdem wir ursprünglich geplant hatten, das rund 2,70 m lange Gestänge für das neue Bimini mit Hilfe eines Dachträgers auf dem Autodach zu transportieren, zeigte sich nach einem ersten Test, dass diese Option vermutlich bei den Ordnungshütern (zum Beispiel an der Grenze) nicht allzu gut ankommen dürfte. Glücklicherweise passt das Teil noch gerade so in unseren Kombi. Diese Variante ist mir inzwischen deutlich sympathischer, auch wenn Annika auf Ihrem Kindersitz etwas eingeengt wird.

Der eigens angeschaffte Dachträger soll trotzdem zum Einsatz kommen: Wir haben uns eine Dachbox besorgt, um für das ganze Bootszubehör und unser Gepäck ausserhalb des notorisch zu kleinen Kofferraums weitere 400 Liter Platz zu haben.

Auch das Nahtmaterial für den Bordgebrauch haben wir inzwischen wieder aufgestockt. Ich hoffe trotzdem, dass ich diesmal keinen allzu innigen Kontakt mit dem Bord-Teppichmesser haben werde 😉

Nach einiger Diskussion bezüglich der Dauer meines diesjährigen Jahresurlaubs habe ich inzwischen auch von meinem Arbeitgeber grünes Licht bekommen: Wir haben dieses Jahr 6 Wochen Zeit, um unseren Trip um die italienische Halbinsel fortzusetzen. Der Pessimist in mir spricht aktuell lieber noch davon, dass wir hierfür 6 Wochen Zeit hätten, denn so ganz in trockenen Tüchern ist das wohl noch nicht. Da die Corona-Fallzahlen zumindest in Deutschland zuletzt wieder stark angestiegen sind, bleibt es spannend, ob wir Zanzibar tatsächlich wie inzwischen mit der Werft vereinbart am 20. Juli einwassern können.

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