Woche 1 (29.05.2019 – 05.06.2019): An Segeln ist nicht zu denken

Es scheint, als würde es Annika gefallen. Gott sei Dank! Ich habe den Eindruck, dass Sie an Bord sogar besser schläft als zuhause (wenn auch nicht im eigens eingebauten Baby-Reisebettchen sondern an Mamas Brust).

Das Deck ist geschrubbt, erste Bootsprojekte sind abgehakt und wir können sogar die ersten Restaurantbesuche zu dritt auf der Habenseite zu verbuchen.

Zwei Werftmitarbeiter haben die Segel angeschlagen, die über den Winter entfernt wurden und das Gasleck behoben. Ausserdem will man sich Anfang der Woche um das Motoröl-Problem zu kümmern. Ich bin gespannt.

Inzwischen lichtet sich auch das Chaos unter Deck etwas und es wird langsam wohnlicher. Gerade rechtzeitig, für den sich anlässlich von Tatjanas 40. Geburtstag ankündigenden Besuch aus Deutschland, der in der Achterkoje unterkommen soll.

Ausserdem haben wir diese Woche das Dinghy aufgepumpt, den Heckkorbgrill installiert und bereits damit gegrillt.

An Segeln ist leider derzeit aber noch nicht zu denken. Vorher gilt es einige wichtige Projekte abzuarbeiten: Eine Isofixhalterung soll im Salon installiert werden, um Annika’s Maxi-Cosi auch im Boot verwenden zu können, ausserdem planen wir die Installation eines Leesegels in der Achterkoje um eine der beiden Kojen unterwegs als seegängigen Stauraum nutzen zu können.

Insgeheim hoffe ich, dass eine weitere Woche dafür ausreicht und wir schon bald zu einem ersten Probeschlag ablegen können. Das könnte aber durchaus knapp werden…

Auch an der Motorölsituation hat sich bisher nichts geändert. Wir sind im Süden 😉

Heulboje auf grosser Fahrt oder: Anreise zum Boot

27.05.2019

Heute geht es endlich los!

Nach Monaten der Vorfreude auf die gemeinsame Elternzeit im Mittelmeer und nachdem im Packstress der letzten Tage die Nervosität immer weiter zunahm, geht es heute endlich gen Süden.

Es fühlt sich ziemlich seltsam an. Deutlich  anders als ein normaler Urlaub. Schliesslich wissen wir diesmal nicht, wie lange wir genau unterwegs sein werden und wo unsere Reise ca. Ende Oktober enden wird.

Was wir bisher aber wissen, ist, dass wir heute in einer Kolonne aus eigenem Kombi und Mietwagen nach Grenoble ungefähr die halbe Strecke zum Boot zurück legen wollen (auf See wären das ca. 163 sm, allerdings unter Motor ;-)). Das zweite Auto ist notwendig, da wir ausser Rettungsinsel, Gangway, neuer Dieselheizung und diversem anderem Bootszubehör dieses Mal vom Windeleimer bis zum Mobile auch allerlei Babybedarf im Gepäck haben.

28.05.2019

Nach 2 Stillpausen sind wir gestern nach einer mässig quengeligen ersten Etappe am Zwischenstop in Grenoble angekommen und haben hier die erste (unruhige) Nacht ausserhalb der eigenen 4 Wände verbracht. Heute geht es weiter ans Meer respektive zum Boot. Ich bin gespannt wie sich die zweite Etappe entwickelt.

29.05.2019

Nach einer weiteren 4 h Etappe mit fast durchgehendem Geschrei von der Rückbank und deutlich mehr Stillpausen haben wir es endlich zum Boot in Port Grimaud geschafft.

Nachdem der Mietwagen leer geräumt ist, herscht an und unter Deck ein Chaos dessen Beseitigung sicherlich mehrere Tage dauern wird. Erst danach wollen wir das Gepäck aus dem eigenen Auto nach und nach ausräumen.

Das Boot ist soweit in einem guten Zustand und das neue stehende Gut funkelt in der Sonne (Ein Bild wird hier absichtlich nicht gezeigt, das Deck sieht sehr traurig gelblich-grau aus und freut sich auf den Kärcher).

Die neu verbauten Seeventile in der Toilette sind herrlich leichtgängig. Kritik an der Winterarbeit der Werft gibt es aber leider auch:

Zum Einen waren der Hauptstromkreis eingeschaltet und das Seeventil für den Motor offen als wir an Bord kamen (das würde ich einfach unter schlechter Seemannschaft verbuchen). Zum Anderen gibt es 2 “echte” Mängel:

Trotz durchgeführter (oder zumindest berechneter) Gasprüfung gibt es an einer Verschraubung hinter dem Ofen ein kleines Gasleck, das mir mit dem Lecksuchspray sofort ins Auge sprang.

Beim durchgeführten Motorservice wurde augenscheinlich zu viel Motoröl eingefüllt. Auf der Rechnung stehen satte 6l Öl. Eine kurze Rückfrage beim Hersteller fördert zu Tage, dass in unseren Motor nur 3,8l Öl „passen“. Das wird noch eine lustige Diskussion mit der Werft.

Aufgrund unserer Erfahrung im Umgang mit Werften (in der Schweiz) überraschen uns solche Dinge inzwischen aber nicht mehr übermässig. Ich bin gespannt, wie schnell die verbliebenen Problemchen behoben werden.

Jetzt geht‘s erstmal ans Putzen und Verstauen…

Tausche Business Outfit gegen Badehose

Nachdem die Werft über den Winter mit dem Ersatz von Seeventilen und stehendem Gut ganze Arbeit geleistet hat, wurde aus dem ursprünglichen Plan einhand oder zu zweit als Paar um die italienische Halbinsel herum zu segeln mit der Geburt unserer Tochter Annika im März zwischenzeitlich das Projekt: Elternzeit im Mittelmeer.

Wir haben also in Sachen Sicherheitsausrüstung noch einmal nachgelegt (Epirb, Rettungsinsel etc.) und fühlen uns nun mehr oder weniger bereit für das neue Abenteuer: Segeln mit Säugling.

Im Mai soll es zunächst für einige Zeit zur Eingewöhnung zurück an Bord nach Port Grimaud gehen. Ende Juni wollen wir dort dann die Leinen loswerfen und uns mit Kurs Ost auf den Weg gen Italien machen.

Da mein Arbeitgeber (gerade noch rechtzeitig) eine neue grosszügige Elternzeit-Richtlinie verabschiedet hat, haben wir den gesamten Sommer Zeit herauszufinden, wie wir zu dritt auf knapp 11 m mit eingeschränktem Komfort zurecht kommen und wie weit wir es letztlich um den Stiefel schaffen: Der Weg ist das Ziel 😉

Wir werden berichten…

40. Geburtstag an Bord

Anfang Oktober haben wir zum letzten Mal für 2018 zwei Wochen an Bord verbracht und meinen 40. Geburtstag mit Familie und einigen Freunden gefeiert.

Nach Herbststurm und sintflutartigem Regen fiel unsere Eberspächer Dieselheizung aus, so dass wir uns für die letzten Tage im immer feuchter werdenden Boot mit einem Heizlüfter aus dem Baumarkt behelfen mussten (Irgendwas ist wirklich immer :-))

Beim Verlassen des Bootes haben wir dieses nach bestem Wissen und Gewissen winterfest gemacht: Wir haben die Rollgenua und die Sprayhood abgeschlagen, die Trinkwassertanks und den Motor jedoch nicht speziell eingewintert. Hier hoffen wir auf einen milden Winter im Mittelmeer (die Wassertemperatur an der Cote d’Azur fällt wohl nur selten unter 10°C).

Im Winterlager sollen von einer Werft letzte Arbeiten für den geplanten Trip durchgeführt werden. Unter anderem werden die Seeventile in der Toilette und das stehende Gut das immerhin schon 19 Jahre auf dem Buckel hat ersetzt. Ausserdem haben wir 2 Schichten Antifouling und diverse Kleinigkeiten in Auftrag gegeben.

Ich bin gespannt, ob sich die(se) Werft an den abgesprochenen Zeitplan hält und das Boot Ende Februar 2019 fertig ist (durch unser „Erstboot“ in der Schweiz bin ich was den Umgang mit Werften angeht durchaus leidgeprüft und seither eher skeptisch). Let´s wait and see…

Dritter Besuch an Bord

Nach wochenlangem Entgegenfiebern im Büro war es am 7. September endlich so weit und wir fuhren das dritte mal zum Boot nach Frankreich.

Bei diesem Besuch wollte ich unter anderem die Gasinstallation auf Vordermann bringen, die neuen Kabel am Ladegerät einbauen usw.

Ausserdem freue ich mich schon, nach einer langen Wartezeit auf’s Flaggenzertifikat endlich zum ersten Mal offiziell die deutsche Flagge am Heck hissen zu dürfen.

Ein weiterer Besuch an Bord ist für Anfang Oktober geplant. Dann will ich dort meinen 40. Geburtstag feiern und mit der Werft die für den Winter geplanten Arbeiten durchsprechen (neben einigen Kleinigkeiten ist unter anderem geplant die Seeventile in der Toilette sowie das stehende Gut am Rigg zu tauschen)

Irgendwas ist immer

Bei unserem zweiten Aufenthalt an Bord im Juli 2018 sind wir (nachdem wir alle Leinen, Schoten und Fallen zugeordnet hatten) das erste Mal gesegelt.

Die Segel sind in einem recht guten Zustand allerdings sollte wohl die ein oder andere Leine ersetzt werden und div. Umlenkrollen könnten etwas WD-40 vertragen.

Die Installation des neuen ICOM Funkgeräts und des AIS Transponders klappte reibungslos (fast, wer kommt bitte auf die Idee das WLAN Passwort des AIS Transponders auf die Geräterückseite zu kleben? rtfm ;-))

Bei Temperaturen um die 35 Grad fiel uns irgendwann auf, dass die Kühlschrank nicht mehr lief. Unschön. Hochsommerlich warm und keine kalten Getränke an Bord. Also Multimeter raus und am Kühl-Kompressor die anliegende Spannung gemessen: 8.5 Volt. Oha, bisschen wenig. Sobald der Motor gestartet war und die Lichtmaschine Ihren Dienst verrichtete sprang der Kühlschrank wieder an. Komisch, wir hingen am Landstrom, sollten die Batterien nicht um die 13 Volt liefern??? Eine Messung direkt an den Polen der Verbraucherbatterien brachte Licht ins Dunkel: Auch hier nur 8.5 Volt. Mist, die sind wohl hin. Ausserdem nahmen wir einen merkwürdigen Kabelgeruch war. Ich sah hinter die Verkleidung und entdeckte am Radio ein merkwürdiges Relais, das ziemlich warm war, dessen Funktion sich mir aber nicht sofort erschloss…

In der brütenden Hitze haben wir also drei (alte) 100 Ah Batterien zum örtlichen Ship-Chandler getragen und drei neue a 108 Ah erstanden. Die „Bordkasse“ war mal eben um 500,- EURO schlanker.

Immerhin lief der Kühlschrank wieder und das Belohnungsbier konnte gekühlt genossen werden…

Am nächsten Morgen, himmlische Ruhe…. Mist, der Kühlschrank läuft schon wieder nicht. An den Batteriepolen lagen mickrige 11.X Volt an (wir waren dauerhaft am Landstrom und das Ladegerät lief).

Also das (original) Ladegerät (27A) ausgebaut und siehe da: Nun war auch klar, dass der Kabelgeruch nicht vom Relais am Radio verursacht wurde. Die Anschlüsse des Ladegeräts (Kabelschuhe) waren völlig verschmort. Glück gehabt!

Zurück zum Ship-Chandler und nochmal rund 500,- EURO in ein neues 40A Ladegerät investiert. O-Ton der dortigen Beratung: Mehr Ampere ist besser weil schneller…

Ah ja. Es war ziemlich warm (genau wie die Leitungen vom Ladegerät zu den Batterien anschliessend ;-)) und logisches Denken war in der Mittagshitze schwierig. Es zeigte sich, dass die serienmässigen 6mm2 Leitungen wohl eher für die 27A des alten Ladegeräts dimensioniert waren. Sie werden beim nächsten Besuch durch 8mm2 ersetzt. Immerhin lief der Kühlschrank nun (hoffentlich) dauerhaft wieder…

Der Trend geht zum Zweitboot

Aufgrund der Sprachbarriere in Italien entschieden wir uns gezielt an der französischen Mittelmeerküste nach einem potentiellen Boot zu suchen. Italien wäre von hier aus innerhalb eines Tagestörn erreichbar und zumindest Tatjana spricht fliessend französisch.

Nach einem Wochenendausflug an die Cote d’Azur Mitte März bei dem wir zwei Boote begutachtet hatten, fiel unsere Wahl auf eine super gepflegte Bavaria 34 von 1999 die einem britischen Eignerpaar gehörte und in Port Grimaud in der Bucht von St. Tropez (wirklich nur zufällig unsere Lieblingsecke in Frankreich ;-)) zum Verkauf stand.

Nachdem ein unabhängiger Gutachter keine gröberen Probleme beim Boot der Wahl sah haben wir im April dann tatsächlich ein Zweitboot gekauft:

Nachdem alles in trockenen Tüchern war, sind wir Anfang Mai das erste Mal für eine Woche zu Zanzibar gefahren, haben Sie innen uns aussen liebevoll geschrubbt und uns mit der üppigen Ausstattung (Kühlschrank, Heizung, Radar, etc.) an Bord vertraut gemacht.

Wie die Jungfrau zum Kind oder: Wie das mit dem Segeln begann

Zum Segeln kam ich wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind.

Frühkindliche Urlaubserinnerungen an Italien, vermutlich an den Lago Maggiore an dem ich als kleiner Stepke auf einem schnittigen Schweizer Motorboot mitfahren durfte (und zwischenzeitlich Angst hatte, der Bootseigner würde mich entführen wollen) sorgten bei mir schon in ganz jungen Jahren für eine Faszination für Boote und den Wassersport. Familiär bin ich jedenfalls nicht vorbelastet: Niemand sonst aus meiner Familie frönt dem Wassersport. Um neben dem Denksport an der Uni einen Ausgleich zu haben, legte ich während meines Studiums in Freiburg im Breisgau bei einer örtlichen Sportbootschule den SBF See(!) ab. Die zugehörige praktische Prüfung im Motorboot fand auf dem Rhein bei Breisach statt.

Nach einer Ergänzungsprüfung in einem stickigen Landratsamt am Bodensee durfte ich anschliessend sogar auf diesem trinationalen Gewässer mein Unwesen treiben. Bis auf einen Ausflug mit einem ohnehin führerscheinfreien Elektrobötchen am Prüfungswochenende, war ich seither jedoch nicht mehr auf dem Bodensee unterwegs. Mein Plan war vielmehr, durch Umschreibung des Bodenseeschifferpatents in den SBF Binnen (unter Motor) auch auf anderen deutschen Binnenseen aktiv werden zu können. Den Segelteil der Bodensee-Theorieprüfung schenkte ich mir damals, da ich ohnehin keine praktische Prüfung unter Segeln abgelegt hatte und mir auch nicht vorstellen konnte, dass mich Segelboote jemals ähnlich (oder mehr) faszinieren würden, als es die schicken Megayachten taten, die ich aus dem Urlaub an der Cote D’Azur kannte.

Bei einem ersten Besuch auf der Boot in Düsseldorf durfte ich dann erstmals mit dem Auftreten und Selbstverständnis der „Vertreter“ der Motoryachtfraktion Bekanntschaft machen: Sehr sympathische Zeitgenossen. Auf die beeindruckendsten Boote kam mit nur mit Einladung/Termin. Oft wurden wir mit „Alles ausgebucht“, „Leider erst am Mittwoch wieder was frei“ abgebügelt (was bei einem zweitägigen Wochenendbesuch natürlich eher schlecht ist). Auch bei mittelgrossen Booten spielten sich die „Verkäufer“, und oft auch schon die Hostessen auf, als wolle man die Kronjuwelen ausserhalb der Vitrine sehen.

Ganz anders bei den Seglern: Das waren Menschen wie Du und ich mit einem Faible für den Wassersport und einem deutlich kleineren Ego[1]. Hier fühlte ich mich deutlich wohler. Hinzu kam, dass meine Freundin Tatjana Segelboote ohnehin faszinierender fand, als die Motoryachten für mindestens zweistellige Millionenbeträge, die es mir angetan hatten.

So kam es, dass ich mich im Jahr meines Universitätsabschlusses zu meinem ersten Segeltörn im Mittelmeer überreden lies. Anfang Oktober 2010 hatten wir eine Koje auf einer Segelyacht auf Elba gebucht. Anschliessend wollten wir eine weitere Woche an Land verbringen und nach einem entsprechenden Manöverkurs die praktische SKS Prüfung ablegen (Tatjana hatte extra zu diesem Zweck kurz vorher als Ferienkurs den SBF See auf Rügen absolviert). Zwar war ich einer der wenigen Teilnehmer dieses ersten Törns, der nicht seekrank wurde (immerhin!), ich hatte jedoch total unterschätzt was „segeln“ bedeutet. Das Konzept der Krängung war mir bis dato völlig unbekannt und ich verkrampfte zunehmends beim Versuch mich irgendwo im Cockpit festzuhalten. Nach meiner Promotionsprüfung und einer damit einhergehenden anstrengenden und intensiven Vorbereitungszeit in der Bibliothek, hatte ich mir ein laues Lüftchen und kristallklares Wasser vorgestellt. Ich wollte einfach mal die Seele baumeln lassen.

Es kam anders: Schon auf der ersten Etappe hoch am Wind von Portoferraio nach Capraia wurde es richtig ungemütlich. Wir strichen letztlich die Segel, fielen ab und kehrten nach Marciana Marina auf Elba zurück. Ich hatte ziemlich Schiss und hatte kurzzeitig bereits mit meinem Leben abgeschlossen. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Meine tatkräftige Unterstützung des Skippers bestand überwiegend darin hier und dort zu ziehen oder zu fieren. Wirklich Ahnung was ich da tue hatte ich nicht. Und ich wollte in weniger als 2 Wochen die praktische SKS Prüfung ablegen? Ein Vorhaben dass mir inzwischen weniger kühn sondern schlicht vermessen vorkam.

Doch der erste Segeltag blieb der schlimmste (was übrigens auch für viele der noch folgenden Törns galt, am ersten Tag wurden wir noch häufig ziemlich geprügelt). Wir segelten anschliessend von Elba über Capraia und weiter nach Korsika. Wir genossen das Leben in den Marinas und die kulinarischen Genüsse in den lokalen Restaurants (unser Skipper war ein ausgewiesener Revierkenner: Er wusste genau, bei welchen Restaurants sich ein Besuch lohnte).

Tatsächlich bestanden wir im Anschluss an unseren allerersten Segeltörn, nach einer weiteren Übungswoche die praktische SKS Prüfung. Skipperkarriere ich komme…

Ganz so schnell ging es letztlich dann doch nicht. Aufgrund meines Einstiegs ins Berufsleben schafften wir es in den geforderten 2 Jahren leider nicht, die doch recht umfangreiche SKS Theorie zu verinnerlichen und die entsprechende Prüfung abzulegen.

Infiziert vom Segelvirus sammelten wir jedoch weitere Seemeilen durch Kojencharter-Törns. Erklärtes Fernziel blieb, als Paar irgendwann ein Boot chartern zu können und damit die traute Zweisamkeit und romantische Sonnenuntergänge an Bord geniesen zu können.

So absolvierten wir 2014 schliesslich den britischen Dayskipper, der uns doch deutlich praxisnaher erschien als die deutsche SKS Ausbildung. Für mich mindestens ebenso wichtig war, dass dieser „Fähigkeitsnachweis“ formal ausreichte um ein Segelboot zu charten. Während der praktischen Ausbildung in der Straße von Gibraltar erlebte ich zum Ersten mal, wie es ist nachts zu segeln, die grossen schwarzen Wellen wirkten beängstigend aber faszinierend zugleich. Auch Gezeiten galt es hier erstmals zu berücksichtigen.

Direkt im Anschluss an diesen Ausbildungstörn charterten wir ein Boot auf Mallorca. Allerdings wollten wir auf Nummer sicher gehen und buchten das Boot mit Skipper. Auch wenn es rechtlich bzw. versicherungstechnisch bereits möglich gewesen wäre: Ich fühlte mich noch nicht bereit alleine die Verantwortung für ein Schiff zu übernehmen. Und so schipperten wir zu dritt durch die Balearen. Leider störte der Skipper bei romantischen Sonnenuntergänge an Bord genauso wie bei gemeinsamen Restaurantbesuchen. Das musste sich ändern…

Um mehr Erfahrung (auch bei viel Wind) zu sammeln buchte ich mich über Ostern 2015 auf einem Schwerwetter Törn auf der Ostsee ein. Richtig schweres Wetter hatten wir nicht, aber es war furchtbar kalt (auch weil die Diesel-Heizung an Bord nicht wirklich zuverlässig funktionierte). Trotzdem war klar: Wir wollten nicht bis zur Rente warten um unsere Segelträume zu verwirklichen. Ein eigenes Boot sollte her, um auch abseits des jährlichen Sommerurlaubs nahe unseres Wohnortes in der Schweiz segeln zu können. Ich meldete mich also für einen Feriensegelkurs im Engadin an, der mit der Prüfung zum Schweizer D-Schein enden sollte an (der deutsche Motorschein wurde glücklicherweise anerkannt, so dass hier keine erneute Prüfung notwendig war) und wir kauften Boomerang, ein rund 40 Jahre altes und gut 8 Meter langes Refit-Objekt am Neuenburgersee.

Im gleichen Sommer nahmen wir zu zweit an einer Sunsail-Flotille im ionischen Meer in Griechenland teil. Dies schien uns unserem bisherigen Erfahrungsstand angemessen. Wir könnten die Tage in trauter Zweisamkeit segeln und hätten am späten Nachmittag die Hilfe der Begleitcrew beim Anlegen im Zielhafen. Warum Flotillen zwar in England sehr beliebt (wir hörten erstmals im Rahmen unserer Dayskipper Ausbildung in Gibraltar davon), in Deutschland aber ein Schattendasein fristen, ist uns bis heute ein Rätsel. Nach dem Griechenlandurlaub war endgültig klar: Segeln war mein Ding. Nirgendwo konnte ich derart schnell vom Arbeitsalltag abschalten und mich entspannen.

Einige Jahre im Hamsterrad von Big Pharma vergingen und in mir wuchs der Wunsch nach einem längeren Törn. Die zahlreichen Wochenende auf dem eigenen kleinen Boot am Neuenburgersee wurden zu wenig. Warum sollte ich immer nur die Bücher anderer verschlingen, die es gewagt hatten? Warum sollte ich es nicht wie Erdmann (jung oder alt), Dwersteg, Röttgering und Co. einfach selbst versuchen?

Wo sollte es hingehen? Auf der Barfussroute um die Welt? Über den Atlantik? Da es mir widerstrebte sämtliche Zelte abzubrechen, reifte in mir der Entschluss für einen anderen, innereuropäischen Törn: Rund Italien! Eventuell wäre dieser rund 1200 Seemeilen lange Törn rund um die italienische Halbinsel (z.B. von Venedig nach Genua) ja sogar auf mehrere Etappen aufteilbar und so besser mit dem Berufsleben zu vereinbaren.

Allerdings schien der eigene Kielschwerter vom Binnensee aufgrund seines Alters und vermutlich nicht wirklich vorhandener Schwerwetterqualitäten für ein solches Vorhaben ungeeignet.

Absurde Gedanken kamen auf: Wäre ein zweites Boot finanziell zu stemmen und vorallem: Wäre das vertretbar? Ich beschäftigte mich kurz mit der Option ein geeignetes Boot für einen längeren Zeitraum zu chartern. Angesichts der aufgerufenen Kosten von mehr als 14.000,- EUR für die angedachten 3 Monate, schien ein Kauf plötzlich doch wieder vernünftiger.

[1] Fairerweise muss ich zugeben, dass wir in den folgenden Jahren lernten, dass es herablassende Hostessen und Verkäufer durchaus auch an den Messeständen von Segelboot-Ausstellern gibt.
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